– Griechenland

Drei Jahre – beinahe auf den Tag genau – ist es her, da wollte ich schon einmal die Reise nach und durch Griechenland antreten. Aber wie viele andere wurde ich jäh ausgebremst. Genau genommen gibt es an der Pandemie nichts, was man gut finden kann. Ausser einer Sache: In 9 Tagen treffe ich Alexandra im Norden der Peloponnes. Ab dann können wir die ganze Reise gemeinsam erleben, 12 Wochen am Stück genüsslich reisen. Ob dies ohne Corona möglich gewesen wäre, wage ich zu bezweifeln – so oder so – ich freue mich.

Tag 1 – 19.03.2023

Das Wetter war gut, also bin ich einen Tag früher los als geplant. Eine total entspannte Fahrt nach Como war das. Keine Lastwagen, keine Staus, nicht am Gotthard und auch nicht an der Grenze. Die startenden und landenden Wasserflugzeuge im Lago di Como  sind eine der wenigen Erinnerung aus der Kindheit. Und tatsächlich gibt es die immer noch. Ansonsten ist Como auch ganz nett, charmant und belebt – einfach italienisch schön.

Tag 2 – 20.03.2023

Staus um Milano und Bologna verlängerten die Fahrt etwas. Aber ich hatte es ja nicht eilig; in Rimini ist sowieso gerade schlechtes Wetter. Ab morgen soll es sonnig sein. Da die Reederei kurzerhand die Fähre von Ancona nach Patras nur bis Igoumenitsa fahren lässt, fahre ich nun erst einen Tag später nach Griechenland. Somit bin ich jetzt eine Nacht länger in Rimini und dafür nur eine Nacht in Patras. Hauptsache ich ich komme an mein Ziel.

Tag 3 – 21.03.2023

Heute hatte ich das Vergnügen, bei wolkenlosen Himmel durch Rimini zu tingeln. Ich muss gestehen, dass ich nicht viel erwartet hatte. Überraschenderweise habe ich doch ein paar reizvolle Ecken entdeckt. Federico Fellini ist in Rimini geboren. So trifft man auf Strassen und Plätze, die seinen Namen tragen. Selbst ein Fellini-Museum im imposanten Castel Sismondo wurde ihm gewidmet. Aber lange vor ihm haben sich die Römer hier niedergelassen. Tatsächlich trifft man, verteilt über die ganze Stadt, auf die Überreste ihrer Bauten. Alles in allem war der Stadtrundgang sehr abwechslungsreich. Aber seht selbst:

Tag 4 – 22.03.2023

Rimini liegt hinter mir. Ich möchte den Stadtverkehr nicht im Sommer erleben müssen. Dafür war es auf der Autobahn ruhig und die Landschaft der Marche ist toll. Um mir die Wartezeit auf die Fähre zu verkürzen, bin ich noch etwas aus Ancona rausgefahren und geniesse jetzt Sonne und Aussicht.

Beim Check in erfahre ich dann wieder eine neue Abfahrtszeit, voraussichtlich 18:30! Es ist erst 13 Uhr. Also fahre ich wieder aus dem Hafen in die Stadt für einen kleinen Spaziergang durch Ancona. Denkste! Parkplatz Fehlanzeige. Dann halt gemütlich Essen ausserhalb der Stadt und bei Gelegenheit tanken. Wenigstens das hat geklappt. Um 16 Uhr bin ich zurück im Hafen und stelle mich in die Warteschlange. Um 18:45 entere ich das Schiff und um 19:30 setzt es sich in Bewegung. Anek Superfast, meidet die Anek Reederei wann immer ihr könnt. Die Interessen der Passagiere sind uninteressant, Hauptsache die Fähre ist voll.

Tag 5 – 23.03.2023

Nach einer guten Nacht sitze ich nun bei Cappuccino und Croissant in der Frontlounge und blicke auf die näher kommende Küste von Albanien. Die Aussendecks sind „aus Gründen der Sicherheit“ leider gesperrt – echt schade. Es ist 11:15 Uhr (GR-Zeit) und wir fahren vor der griechischen Küste auf Igoumenitsa zu. Überraschung! Der Stopp in Igoumenitsa hat nur gut eine halbe Stunde gedauert, seit 12:45 sind wir schon wieder auf dem Weg nach Patras und um 18:45 habe ich bereits im Hotel eingecheckt. Hurra ich bin in Griechenland angekommen!

Tag 6 – 24.03.2023

Das Personal im City Loft Hotel ist einfach nur herzlich nett. Das Zimmer war super und der Restaurant Tipp ebenfalls. Nachdem ich nur eine Speise bestellt hatte war eine gewisse Enttäuschung beim Chef auszumachen. Meine Auswahl hat mir sehr gut geschmeckt und das Kompliment an den Chef (Koch) hat ihm ein Lächeln ins Gesicht gezaubert. Aufgrund der um einen Tag verschobenen Seereise habe ich meinen Stadtspaziergang heute nachgeholt. Von Patras Castle ist die Aussicht über die drittgrösste Stadt Griechenlands bombastisch. Allerdings gibt es dann doch nicht allzu viel besonderes zu entdecken.

Ich war der erste Gast, doch 15 Minuten später war hier gut gefüllt

Danach habe ich den Weg nach Delphi unter die Räder genommen. Um von der Peloponnes ans Festland zu kommen überfährt man die Charilaos Trikoupis Brücke. Sowohl technisch als auch augenscheinlich ein wunderschönes Bauwerk und die Griechen lassen sich gut bezahlen dafür – EUR 13.30 für eine Überfahrt. Die Strasse führt im Weiteren immer am Meer entlang und bietet wunderschöne Weitblicke.

Es war mir nicht bewusst wie hoch oben in den Bergen Delphi liegt aber mir ist nun klar warum es doch etwa 6 Grad kälter ist als unten am Meer. Eine weitere Überraschung gab es noch beim Hotel Check in. Morgen ist griechischer Nationalfeiertag und die Ausgrabungsstätte von Delphi bleibt geschlossen. Ausserdem gedenken die Griechen der Befreiung von der fast 400 jährigen Türkenherrschaft. Mal sehen wie das Fest hier in Delphi gefeiert wird.

Tag 7 – 25.03.2023

Heute gibt es wenig zu berichten. Vom griechischen Independence Day war hier in Delphi nichts zu spüren. Ich bin mehrmals durchs Dorf gelaufen aber es blieb ruhig und ich habe auch keinen Umzug angezettelt.

Tag 8 – 26.03.2023

Bei Türöffnung war ich bereits am Tor. Für den heutigen Tag hatte ich mir noch einige andere Dinge vorgenommen, also war ich froh darüber schon um 08:30 starten zu können. Die Anlage ist prächtig und man kann wirklich nachvollziehen warum man gerade hier gebaut hat. Egal wo man steht, von überall hat man einen majestätischen Blick über das Tal und im „Rücken“ den Schutz der steil aufsteigenden Berge. Die Morgensonne tat ihr Übriges – herrlich!

Auf der ganzen Fahrt von Delphi nach Nafpaktos kann man die Seele baumeln lassen, einfach eine tolle Route. Der Blick übers Meer, die unzähligen Buchten und Inselchen auf der einen Seite und auf der anderen das wilde Bergland mit seinen vielen Facetten und Farben.

Oberhalb von Nafpaktos liegt eine venezianische Burganlage die sich bis hinunter ans Meer in einen kleinen Hafen zieht. Beim Abendessen wurde ich gefragt, warum ich mir gerade Nafpaktos als Zwischenziel meiner Reise ausgesucht habe, es gäbe doch viel schönere Orte als diesen. Das Mag wohl sein, sagte ich, ich finde Nafpaktos mit seiner Burganlage etwas besonderes und der Weitblick von da ganz oben ist phänomenal.

Tag 9 – 27.03.2023

Heute ist mein Tagesziel Kalavrita. Die Hälfte der ungefähr 130 km wollte ich durch die Berge hinter Patras auf unbefestigten Strassen fahren. Mitten zwischen den steil aufragenden Bergen auf wirklich schmalen und supersteilen Strassen, war es das Gelände indem sich mein Landi daheim fühlt. Es war auch echt genauso wie ich es mir vorgestellt hatte – Offroad. Das Frauenkloster St. Panteleimon war noch einigermassen easy anzufahren. Die Nonnen waren sehr nett und wollten mich gar nicht so schnell weiterfahren lassen. Das Kloster Makelaria liegt sehr tief in den Bergen, gut eine Stunde Fahrt. Aber leider habe ich es nur beinahe erreicht. Plötzlich stand ich vor einer Strassensperrung, das Gelände war abgerutscht. Nach zwei vergeblichen Versuchen einen anderen Weg dahin zu finden musste ich aufgeben. Das hiess alles zurück bis Patras, noch einmal an der Superbrücke vorbei, dann der Küste nach bis Autobahnausfahrt Diakopto und wieder mitten in die Berge nach Kalavrita.

Tag 10 – 28.03.2023

Es hat mich wirklich gewurmt die Makelaria Monastery gestern nicht erreicht zu haben. Alexandra kommt erst gegen Abend in Kiato an, also versuche ich es heute mal von dieser Seite. Doch leider war dann wieder etwa 2 km davor Schluss, der Weg hoch zum Kloster erschien mir dann doch zu Risikoreich, aber zu Fuss wäre es nicht weit. Nachdem ich den Landi gewendet und parkiert hatte begann es wie aus Kübeln zu regnen. Eine halbe Stunde habe ich gewartet, doch der Regen wollte nicht enden. Wieder nichts! Aber da waren noch zwei Punkte von gestern die ich auf meiner Liste hatte, das Moni Agía Lávra von wo der Bischof Germanos von Patras den Aufstand gegen die Türken gestartet hat und auf dem Hügel gleich gegenüber befindet sich das Monument zu Ehren der Freiheitskämpfer der Revolution von 1821. Dann ging es weiter über Káto Klitoría zum Doksa See und hoch zur Saint George Monastery Feneos. Die Zeit war dann doch schon fortgeschritten und so langsam sollte ich mich auf den Weg nach Kiato machen. Zwischendurch habe ich mich immer mal wieder verfranst, mein Navi sucht immer wieder nach Abkürzungen die dann in nicht befahrbaren Wegen enden und das kostet Zeit. Am Ende musste Alexandra noch eine Dreiviertelstunde auf mich warten.

Tag 11 – 29.03.2023

Unseren ersten Halt machen wir am Kloster Mega Spiléon. Unter einem Felsvorsprung hatten die 2 Gründer ihre verrückte Idee im 9. Jahrhundert in die Tat umgesetzt. Von aussen wie von innen ist es sehr schlicht gehalten. Den Reiz machen die über jahrhundertealten Kunstschätze aus und, wie könnte es anders sein, die Aussicht.

Nach der Besichtigung geht die Fahrt schon bald offroad hinunter in Richtung Diakopto weiter. Neben mir ist immer mal wieder „oh Gott“ oder „Hoppela“ zu hören. Aber Alexandra hält sich tapfer und auf den Bildern am Meer kann man sehen, dass es ihr immer noch gut geht.

Leider finden wir keine offene Taverne für unsere Mittagspause. Also picknicken wir auf dem Weg zurück in die Berge bei schönster Weitsicht. Weiter geht es zum Taxiarchis Kloster. Zuerst sind wir etwas enttäuscht. Die hohen Mauern des neuen Klosters haben etwas Abweisendes. Weit oben in den Berg gebaut entdecken wir den alten Bau. Da wir sowieso vorhaben durch die Berge nach Plataniotissa zu fahren, ist ein guter Grund für die nächste Offroad-Etappe gefunden. Wieder eine tolle Route mit super Weitblicken. 

Nachdem wir die riesigen Platanenstummel besichtigt haben, machen wir uns auf den Rückweg nach Kalavrita – auf asphaltierten Strassen, um genau zu sein.

Tag 12 – 30.03.2023

Heute nehmen wir Abschied vom traurig geschichtsträchtigen Ort Kalavrita. Quer durch die Berge der Peleponnes – man glaubt gar nicht, dass man in Griechenland ist – geht es zu einen noch viel geschichtsträchtigeren Ort: Olympia. Der erste Teil der Bergfahrt wirkt mit dem schneebedeckten Chelmos Gipfel (2‘338 m) alpin. Der zweite Teil ist mit Olivenhainen gespickt und daher mediterran bergig. In Olympia spazieren wir auf einen Hügel hinauf und geniessen den Panoramablick.

Bevor wir das Restaurant verlassen, wollte ich mich unbedingt noch vor den Kamin setzen

Tag 13 – 31.03.2023

Heute gibt es eine Zeitreise: Im Museum von Olympia starten wir mit Gefässen und Werkzeugen, die in Gräbern aus der späten Neusteinzeit (2800 – 2000 v. Chr.) gefunden wurden. Herrliche Bronze- und Tonarbeiten aus dem 8. – 7. Jahrhundert v. Chr. folgen. Besonders angetan haben es uns die kleinen Tierskulpturen, die Zeus dargebracht wurden. Regelrecht ergreifen sind auch die Statuen: die Nike Staue vor tiefblauem Hintergrund, die Stauen, welche im Giebel des Zeus-Tempels die intrigenreiche Geschichte des Pelops erzählen, die anatomisch perfekt gestaltete Hermes Statue, der Stier, der mitten  im Nymphaion-Brunnengebäude stand und doch schon auf das 2. Jahrhundert n. Chr. datiert wird. Wenn wir uns vorstellen mit welcher Kunstfertigkeit und mit welchen Werkzeugen diese wundervollen Werke so lange vor unserer Zeit geschaffen wurden, dann bekommen wir ganz einfach Gänsehaut.

Teil zwei unserer Besichtigung, für die wir uns richtig schön Zeit lassen können, findet draussen statt. Gross ist das Gelände und übersät von Säulen, Säulenresten und vielen anderen antiken Funden. Mit der Offenlegung von weiteren Funden werden noch Generationen von Archäologen, die überall herum wuseln, beschäftigt sein. Dank der Informationen im Museum könne wir uns nun vorstellen, wie ergriffen, die damaligen Besucher von dem enormen Zeus Tempel gewesen sein müssen. Wir sehen, wo die reichen Zuschauer im edlen Leonidaion untergebracht waren. Dort im Palästras mit den 32 erhaltenen dorischen Säulen hatten die Faustkämpfer, Ringer und Weitspringer ihre Wettbewerbe. Durch den Torbogen hindurch gehen wir im Stadion auf Startposition. Auch das Entfachen der olympischen Flamme vor dem Hera Tempel können wir uns vorstellen. Und all dies liegt friedlich zwischen Oliven- und anderen Bäumen, umgeben von saftig-grünem Grass mit Frühlingsblumen – eine herrliche Geschichtsstunde.

Tag 14 – 01.04.2023

Heute könnten wir am Radrennen teilnehmen, das von der Tour de France organisiert wird. Doch wir haben unsere Räder nicht dabei. Wir fahren also mit dem Landi durch grüne Hügel, kleine Bergdörflein und an unzähligen Olivenbäumen vorbei. Nachdem die Burg in Kyparissia  geschlossen ist, fahren wir weiter und besuchen die wunderschön restaurierte Klosteranlage von Andromonastiro. Steht in keinem unserer Reiseführer – keine Ahnung wo Harry den Tip entdeckt hat. Idyllisch gelegen fühlt man sich wie in einer friedlichen Oase und die nette Frau vor Ort versorgt uns mit Informationen. Besonders hingerissen sind wir von der Kirche.

Nach Olympia folgt nun das nächste Highlight der Antike: das alte Messene. Noch grösser, doch leider trotz teurerem Eintritt nicht so schön gepflegt wie Olympia. Das Theater, die Agora, das riesige Stadion und die vielen Säulen lassen uns nur staunen. Perfekt in die Landschaft eingebettet mit dem Ithomi Berg als natürlichem Schutz im Hintergrund und herrlichem Weitblick über die grünen Hügel in entgegen gesetzter Richtung.

Unser heutiges Ziel ist Pylos im Südwesten der Peloponnes direkt am Meer gelegen. Und auch unser Hotel liegt direkt am Meer. Einschlafen tun wir mit Meeresrauschen als Hintergrundmusik.

Tag 15 – 02.04.2023

Morgen soll es mehr oder weniger den ganzen Tag regnen und Alexandra muss arbeiten. Somit ziehen wir unsere Fahrt durch den südwestlichen Zipfel der Peloponnes vor. In Methoni besuchen wir die Festung und kommen mit den beiden netten Frauen an der Kasse ins Schwatzen. Wir erkunden jede Ecke, was uns richtig Spass macht.

Von Methoni orientieren wir uns östlich, bis wir in Koroni ankommen. Leider hat uns der Regen eingeholt und so wirklich nett finden wir Koroni dann doch nicht. Also halten wir uns nordwärts bis Kalamaki und dann westwärts durch die Berge Richtung Pylos. Bevor es dann wieder hinunter ans Meer geht, geniessen wir die Sicht über den Jachthafen und die Bucht von Navarino. Wir parken das Auto in der sandigen Lagune und machen uns auf den Weg zum Palaio Kastro. Offiziell sollte man die Ruine nicht mehr betreten. Aber die Aussicht von da oben soll grandios sein – also Abmarsch.

In Gialova, wo im Sommer der Bär tanzt, trinken wir dann noch einen Apéro, bevor wir ins Hotel zurückfahren. Obwohl das Wetter sich heute nicht von seiner besten Seite gezeigt hat, war es ein schöner und abwechslungsreicher Tag.

Tag 16 – 03.04.2023

Heute ist Alexandra’s Arbeitstag. Gewitter und heftiger Regen ist angesagt, aber ich mache mich trotzdem auf den Weg. Auch Pylos hat ein Castro und da will ich als Erstes hin. Im Vergleich zu Methoni Castle wirkt es erst etwas unscheinbar. Doch je weiter man sich hinein und später dann hinauf bewegt erschliessen sich mir schöne Gebäude und Weitblicke. Zum heftigen Regen verkrieche ich mich in der Byzantinischen Kirche.

Der Voidokilia Strand ist mein nächstes Ziel. Das Navi hat wieder einmal den schlimmsten Weg ausgewählt. Zum Fahren hat es Spass gemacht, aber der Landi sieht aus wie getöpfert nach der Fahrt über den rumpligen und lehmigen Boden. Der Strand, aus der Luft wie ein Sichel sieht wunderschön aus. Der Wind hat mich, und das heist was, beinahe weg geblasen. Im Anschluss daran bin ich noch zur Ekklisia Profitis Ilias hochgefahren. Das Kirchlein ist nicht besonderes aber die Sicht auf den Voidokilia Strand ist besonders schön.

Es war nicht zu vermeiden, nach dieser Fahrt musste das Auto gewaschen werden. Nun kann ich mich wieder überall blicken lassen, die beiden Männer haben einen super Job gemacht.

Tag 17 – 04.04.2023

Heute verlassen wir Pylos. Doch zuerst wollen wir das trockene Wetter nutzen und fahren im Landi Lieblingsterrain steil den Berg hinauf und sind wieder einmal sprachlos bei diesem Ausblick. Es ist ein 360-Grad-Panorama, welches uns nochmals alles überblicken lässt, was wir in den letzten Tagen erkundet haben.

Heute geht’s auf die Mani, die mittlere der 3 kleinen Halbinseln. Doch zuerst machen wir noch einen Abstecher nördlich von Kalamata, der Oliven-Hochburg Griechenlands. Wir fahren an endlos vielen Olivenbäumen vorbei und steuern die Ruine Androusa an. Beim Haus an der Ecke, wo das Strässlein zur Ruine hoch geht, kommen wir mit den Bewohnern ins Gespräch. Auf dem Rückweg beschenkt uns die herzliche Frau mit einem Glas eigene Oliven. Die Stadt Kalamata macht keinen besonderen Eindruck auf uns. Für einen kurzen Stopp am Hafen zum Eisessen nehmen wir uns trotzdem Zeit.

Um nach Kardamili zu kommen, geht es erst einmal wieder in die Höhe zum Turm von Kapetanakis. Hinter uns geht es noch steiler hoch – das Taygetos Gebirge ist imposant. Statt der Hauptstrasse zu folgen, schlängeln wir uns auf Wirtschaftswegen durch Olivenhaine hindurch zu Traumstränden hinunter und wieder bergan, um zum Schluss mit Traumaussicht auf unser heutiges Ziel wieder Richtung Meer zu fahren.

Unsere Unterkunft für die nächsten Tage hat wieder einmal eine phantastische Aussicht auf den Ort, das Meer und sogar bis zur südwestlichen Halbinsel hinüber. Viele Restaurants und Geschäfts sind noch geschlossen, da es nicht viele Touristen gibt. So haben wir alle schönen Ecken quasi für uns alleine.

Tag 18 – 05.04.2023

Der Landi hat heute Pause. Sicherheitshalber habe ich mal wieder alle Flüssigkeitsstände geprüft, alles in bester Ordnung. Wir ziehen uns die Wanderschuhe an und machen uns auf eine kleine Rundwanderung zum Kirchlein Agia Sophia. Zuerst steigen wir ein paar Treppen hinunter zum Museumsdorf Mourtzinos. Ab dann geht es laaange hoch bis zum Kirchlein.

Wir entscheiden uns für einen anderen Rückweg, sind uns jedoch zu Beginn nicht sicher, da alles ein wenig anders ausschaut als auf unserer Karten-App. Der erste Teil des Weges ist ein sau steiler Abstieg, hat man die Talsohle, ein kleines Bächlein erreicht ist es ein schöner Wanderweg bis zurück ins Hotel.

Tag 19 – 06.04.2023

Vergangene Nacht gab es ein Gewitter mit heftigem Regen und am Morgen hängen die dunklen Regenwolken immer noch tief. Wir starten unsere Berg- und Küstendörfer Tour trotzdem. Den Spaziergang im ersten Dorf, in Exochori, brechen wir wegen Regen vorzeitig ab. Bedrohlich sehen die wolkenverhangenen Berge und abweisend die grauen Dörfer aus. Passt so richtig zur Geschichte der Mani. Die Manioten waren – auch unter türkischer Herrschaft – immer eigenständig, da sie kämpferisch und stur allen entgegen getreten sind. Auch untereinander soll es viele Fehden gegeben haben. 

Immer wieder gibt es herrliche Ausblicke auf die Küste und im Wechselspiel von Sonne und Regen sieht die Landschaft stets anders aus. Heute stellen wir fest, dass es neben Millionen von Ziegen und Schafen auch Kühe in Griechenland gibt; wieviele Hunde und Katzen wir schon überall gesehen haben, lässt sich nicht mehr zählen.

Den im Sommer beliebten Badeort Stoupa erleben wir mit Regentropfen. Bei unserem Stopp in Proastio reicht es für einen trockenen Spaziergang. Das kleine Dorf war im 18. Jahrhundert ein Bischofssitz, weswegen die heute rund 300 Einwohner die Wahl zwischen 30 Kirchen und Kapellen haben. Für uns sind die Kirchen, die wir entdecken, leider alle geschlossen. Wie übrigens fast alle, die wir bisher auf unserer Reise gesehen haben.

Zum Schluss erkunden wir noch Kardamili selber: die beiden kleinen Hafenbuchten, die Platia und die schönen Ecken der alten Ortsteile.

Tag 20 – 07.04.2023

Harrys Geburtstag ist ein Reisetag – wir verlassen das Hotel Vardia mit der genialen Aussicht und den freundlichen Leuten und machen uns auf den Weg nach Aeropolis. Aeropolis liegt zwar nur 45 km entfernt, doch mit den kleinen Umwegen zu Sehenswürdigkeiten und den vielen Fotostopps lassen wir uns dafür den ganzen Tag Zeit. Von der kleinen Kalamitsi Bucht geht es weiter nach Stoupa. Dort kraxeln wir zur Lefkron Burgruine hoch. Beeindruckender als die Aussicht sind die bunten Wildblumenwiesen, die nach mediterranen Kräutern und Pfefferminz duften.

Am kleinen Hafen von Agios Nikolaos geniessen wir Sonne und Ausblick bei einem Kaffee. Danach geht es wieder weg vom Meer in die Höhe, wo wir das Bergdörflein Platsa mit den landestypischen Steinhäusern durchstreifen. Wir finden die herrliche Aussicht von der Platia, dem Dorfplatz, und sogar eins der Kirchlein, das nicht verschlossen ist. Somit können wir die alten Fresken bewundern. Beim Friedhof von Nomitsi steht das Metamorphosis Kirchlein und, oh Wunder!, auch dieses ist offen. Neben herrlichen Fresken gibt es hier auch noch Säulen mit spannenden Reliefs zu sehen.

Die Landschaft ist ein Gedicht und hat von dramatischen Bergmassiven bis zu romantischen Buchten mit türkisfarbenem Wasser alles zu bieten. Eigentlich haben wir ja gedacht wir hätten heute schon tolle Fresken gesehen. Doch was wir dann in der Klosterkirche von Dekoulou sehen, lässt uns wieder staunen. Die ganze Kirche ist ein einziges Bilderbuch mit Szenen aus dem Neuen und Alten Testament und Märtyrergeschichten. Und Glück hatten wir auch wieder, dass uns die Frau von nebenan aufgesperrt hat.

Nach einem Erfrischungsstopp in Neo Itilo an der grossen Bucht geht es in unser Häuschen in Aeropolis. Am unteren Ende des alten Ortskerns gelegen fahren wir durch megaenge Gässchen an unser Ziel. 

Tag 21 – 08.04.2023

Unser lustiges, kleines Häuschen hat einen besonderen Vorteil – eine Waschmaschine. Nach ein wenig Hausarbeit muss der Landi wieder mal bewegt werden. Wir fahren zu der nahe gelegenen Dirou Tropfsteinhöhle. Erkunden lässt sich die prächtige Höhle nur in kleinen Booten, da zur Zeit der Entstehung vor hunderttausenden von Jahren der Meeresspiegel niedriger war. Wir schaukeln also in den kleinen Booten – ja nicht zu heftig bewegen – über die Stalagmiten und bewundern die bizarren Formen der Stalaktiten. Eine knappe halbe Stunde dauert der Ausflug in die Unterwelt, dessen Stille nur von den Erklärungen des Bootsführers durchbrochen wird. Auf den circa 1.5 km fahren wir durch den See der Märchen, vorbei an der Drachenhöhle, vorbei am roten Raum, durch die Kapelle und dann durch die Kathedrale und durchkreuzen zum Schluss den grossen See, um zum Ausgangspunkt zurück zu kommen. Was für ein weiteres Highlight auf unserer Liste der Naturschauspiele!

Aeropolis liegt nicht direkt am Meer. Limeni heisst der sehr kleine Ort, der den Einwohnern früher als Hafen gedient hat. Heute scheint der Ort ein Hotspot im Sommer zu sein, da er fast nur aus Restaurants, Bars und Unterkünften besteht. Hübsch ist der Ort trotzdem, da alles in typischer Steinhaus-Optik gebaut und restauriert wird. 

Tag 22 – 09.04.2023

Um 09:30 Uhr sitzen wir wieder im Sattel und fahren tiefer in die innere Mani hinein. Erster Stopp – man ahnt es schon – ein weiteres schönes Kirchlein: Agios Taxiarchis in Charouda. 

Als nächstes hat Harry uns eine Osterwanderung eingeplant; orthodoxe Ostern sind zwar erst eine Woche später. Für die Beschreibung der Wanderung auf der Tigani (Pfanne) genannten Landzunge sind mir leider die Superlative ausgegangen. Die Landschaft ist einfach eine Wucht!

Auf unserer Route weiter nach Süden wissen wir gar nicht, ob wir links die einzigartige Berglandschaft mit den turmreichen Dörfern oder rechts die felsige Küste mit dem Meer, das die ganze Blau-Palette hoch und runter präsentiert, anschauen sollen. Halt machen wir in Gerolimenas am Meer und dann in Varthia; wahrscheinlich dem schönsten der verlassenen Berdörfer der Mani.

Die Besiedelung nimmt immer mehr ab und schon gibt es Hinweisschilder auf die letzte Tankstelle. Denn unsere Unterkunft liegt schon fast am südlichsten Punkt des griechischen Festlands. Und in dem winzigen Marmari ist es tatsächlich so einsam, dass wir uns am Ende der Welt fühlen – schöne Aussicht inklusive.

Tag 23 – 10.04.2023

Für heute spricht die Wettervorhersage von heiteren Regenschauern und beim Aufstehen haben wir einen heftigen Gewitterregen. Nach dem Frühstück ist es jedoch trocken und so machen wir bei idealem Wanderwetter unsere geplante Wanderung zum Leuchtturm am Kap Tenaro, dem südlichsten Punkt des griechischen Festlands und dem zweitsüdlichsten Europas. Wieder eine traumhafte Wanderung, die neben malerischen Blumenwiesen, Leuchtturm, Felsen und Meer auch noch ein Mosaik unter freiem Himmel (vermutlich aus hellenistischer Zeit) bereit hält.

Wir kurven wenige Kilometer durch die Hügel hinunter nach Porto Kaio. Dort kommen Landi und Harry zu einem Spezialeinsatz: Sie ziehen einen Transporter aus dem Kies, der sich festgefahren hat. Hat für ein wenig Action und nette Gespräche gesorgt. Danach machen wir unseren kurzen Spaziergang zur Agios Nikolaos Kapelle. Uns scheint, der heilige Nikolaus führt die Rangliste für Kirchenpatrone auf dem Peloponnes an. So viele Orte und Kapellen sind hier nach ihm benannt.

Hügelauf und hügelab geniessen wir noch ein paar weitere Panoramen bis wir zufrieden und müde wieder in Marmari ankommen und feststellen: Die Regenkleidung haben wir nicht gebraucht.

Unsere Unterkunft ist auch ein spezielles Erlebnis: Wir sind die einzigen Gäste in dem kleinen Hotel in Marmari. Eigentlich ist es noch geschlossen, da überall noch Handwerksarbeiten für die kommende Saison ausgeführt werden. Unser Gastgeber Tasos ist ein sympathischer Improvisator und so haben wir beim Abendessen und Frühstück die tolle Aussicht auf die Bucht und die Hügel ringsum ganz für uns allein.

Tag 24 – 11.04.2023

Heute ist Alexandras Arbeitstag und Harrys Reiseruhetag.

Tag 25 – 12.04.2023

Heute heisst es Abschied nehmen von Marmari und den sympathischen Gastgebern, die mir zum Arbeiten den Ess- und Aufenthaltsraum mit viel Platz und Aussicht zur Verfügung gestellt haben. Der Arbeitstag wir mir in bester Erinnerung bleiben. Mit ein wenig Wehmut schauen wir beim Wegfahren aus der Höhe nochmals zurück. Doch wer weiss, was wir noch alles Schönes entdecken werden.

An der Westküste sind wir die Mani nach Süden hinunter gefahren und nun fahren wir die Ostküste entlang zurück. Wir können uns nicht entscheiden, welches die Schönere ist – auch hier gibt es immer wieder herrliche Berg- und Meerpanoramen. Die Mani ist schon ein sehr schönes Fleckchen Erde. 

Wir machen einen Stopp, um eine Mini Halbinsel bei Kotronas zu erkunden. Dann spazieren wir kurz vor Gythio auf ein weiteres Halbinselchen, Kranai. Der Sage nach sollen Helena und Paris ihre erste Nacht hier verbracht haben. Wenn die damals gewusst hätten, dass die Entführung den Trojanischen Krieg auslösen würde …

Wir lassen die Stadt Gythio „links liegen“, da wir beim Durchfahren nichts Spannendes entdecken. Auch die Überreste des Amphitheaters sind so mickrig, dass sie es noch nicht einmal auf ein Foto schaffen. Dafür hat Harry für den nächsten Halt wieder einmal „ein Kaninchen aus dem Hut gezaubert“. Auf einem Strässchen geht es den Berg steil hinauf zur Peter und Paul Kirche. Und dort friedlich umgeben von Blumen, Palmen, Zypressen, Orangen- und Olivenbäumen sind wir quasi auf Augenhöhe mit den verschneiten Gipfeln des Taygetos-Gebirge. 

Die unspektakuläre Stadt Sparta – hat halt schon vor über 2000 Jahren seine politische Macht verloren – durchqueren wir und  spazieren auf den Akropolis Hügel hinauf. Wir stellen fest, die Natur und das 360-Grad-Panorama beeindrucken mehr als die antiken Überreste. Die meisten Steine sind als Baumaterial andernorts – insbesondere in Mistras – verwendet worden. Und dort geht’s morgen hin.

Tag 26 – 13.04.2023

Das nahe gelegene Mistras steht auf dem Programm. Die Sehenswürdigkeit ist auf einen ganzen Hügel verteilt. Beim Näherkommen realisieren wir, WIE steil das ist und entscheiden, die Besichtigung vom oberen Eingang statt vom unteren zu starten. Dank des Tipps der Frau an der Kasse werden wir zuerst den oberen Teil besichtigen und dann zum unteren Eingang fahren, um von dort aus die Unterstadt zu besichtigen – noch besser. 

Schweisstreibend wird es trotzdem, da zuerst noch ein paar Höhenmeter hinauf zur Festung, die über allem thront, überwunden werden müssen. Im Vergleich zu den antiken Stätten, die wir in den vergangenen 2 Wochen besichtigt haben, ist hier alles ziemlich neu. Denn die Festung wurde 1249 vom fränkischen Fürsten Villehardouin gegründet. Zusammen mit der Landschaft ringsum – das Taygetos Gebirge im Hintergrund und die alpine Vegetation – könnten wir auch irgendwo in der Schweiz, Frankreich oder Deutschland sein. Naja, die Zypressen und Olivenbäume passen dann doch nicht ganz.

Der Gründer konnte seine grandiose Aussicht dann leider nur 13 Jahre geniessen, danach fiel die prächtige Festung an die Byzantiner und wurde noch prächtiger. Es wurde zu einer „Mega-City“ im südlichen Griechenland. Stand so auf einer der Infotafeln, denn zur Blütezeit lebten 42’000 Menschen in Mistras. Das ist jedoch nur ein 1/16 von Thessaloniki und 1/65 von Konstantinopel zur damaligen Zeit. 

Na jedenfalls weht uns der Hauch der Geschichte um die Nase, als wir durch die mit groben Steinen gepflasterten Gassen, die Ruinen der Wohnhäuser und Paläste, die Stadttore, die zum Teil gut erhaltenen bzw. restaurierten Kirchen und Klöster gehen. Und das alles eingebettet in grüne Wiesen, prächtige Bäume, bunte Blumen, summende Bienen, blauem Himmel und herrlichen Ausblicken in die fruchtbare Ebene rund um Sparta. Es ist einfach friedlich und hervorragend von Harry geplant, dass wir uns dafür den ganzen Tag Zeit nehmen können.

Tag 27 – 14.04.2023

Die Fahrt von Sparta nach Dimitsana ist im Vergleich zu dem, was wir bis dahin an Spektakel auf unseren Fahrten erlebt haben, eher langweilig. Einzig das Fahrterrain, von Autobahn bis Offroad war alles dabei, bringt etwas Abwechslung in die Etappe. 

Besser wir erzählen alles der Reihe nach. Den ersten Halt machen wir am Kloster Boura. Das Anwesen ist sehr schön gelegen und wunderbar gepflegt. Als wir ankommen ist gerade Karfreitag-Messe. So setzten wir uns in die Kirche und beobachten das Geschehen. Gemäss meiner Routenwahl können wir auf der Strasse geradeaus weiterfahren. Der Asphalt ist jedoch bereits nach hundert Meter Geschichte, was mich besonders freut. 

Im weiteren kommen wir auf eine riesige Ebene rund um Megalopoli. Beim Durchfahren bekommen wir Einblicke in den Betrieb von Braunkohle-Kraftwerken. Zwei Kraftwerke, die die ganze Peloponnes mit Strom versorgen, sehen wir von ganz weit entfernt und dann aus der Nähe. Auch der Abbau – direkt um die Kraftwerke drum herum kann nachvollzogen werden. Es gibt frische Abbauflächen mit Förderbändern, Ältere, die bereits wieder grün bewachsen sind, und noch Ältere, in denen ein See entstanden ist. Da fragt man sich, wann die Kraftwerke zwecks Umsetzung der Klimaziele abgeschaltet werden und was dann aus Megalopoli und deren Einwohnern wird, die wohl zu einem grossen Teil ihr Geld in und rund um die Kraftwerke verdienen.

Es geht langsam aber sicher wieder ins hügelige Hochland der Peloponnes. Unseren Durst stillen wir bei einem Stopp in Karitena. In dem kleinen Dorf sind überraschend viele Menschen – hängt damit zusammen, das heute Feiertag ist und viele Griechen aus den Städten zu Ostern in ihre Heimatdörfer fahren oder einfach auch als Touristen ein verlängertes Wochenende hier verbringen. Die Festung, die über dem Dorf thront, ist geschlossen. So fotografieren wir einfach nur ein paar nette Ecken in dem alten Ortskern.

Später, in Stemnitsa ist Stau; hier ist sogar noch mehr los. Auch wir finden einen Platz in einem der alteingesessen Kafenion im Zentrum gleich neben dem hübschen Uhrenturm. Nach einem kleinen Ortsrundgang machen wir noch einen Abstecher zur Kirche Metamorfosi tou Sotiriou. Von dort aus haben wir einen herrlichen Blick ins enge Tal des Flusses Louisos, an welchem auf beiden Seiten die Felsen steil in den Himmel wachsen, und zum Kloster Prodomou. Gottseidank fährt Harry gerne Kurven, denn hinunter und wieder hinauf sind es unzählige. Da es hier in der Gegend nur so von Klöstern wimmelt, machen wir auch noch am Kloster Emialon  Halt. Eine friedliche Oase mit herrlichem Ausblick.

Unser Ziel Dimitsana ist jetzt schnell erreicht. Unsere Unterkunft und einen Parkplatz zu finden ist etwas langwieriger: erstens ist auch dieses sonst eher ruhige Dorf verstopft von Ostergästen inkl. Autos und zweitens ist unsere Unterkunft, der Xenios Tower, durch die engen Gassen nicht direkt anfahrbar. Ist jedenfalls ein besonderes Erlebnis in solch einem alten Gebäude zu übernachten und die Aussicht aus unserem Zimmer ist einfach nur „Wow“. 

Das grösste Highlight des Tages haben wir noch vor uns: Wir erleben die Karfreitagsprozession hautnah mit. Von den beiden Kirchen des Ortes werden die reich mit Blumen geschmückten Epitaphe, welche den Sarg Christi symbolisieren, mit viel Brimborium durch den Ort zum Friedhof getragen. Die griechisch-orthodoxen Gesänge und Gebete, Priester, Messdiener, Kerzen und Menschen überraschen uns nicht. Spektakulär ist allerdings das Feuerwerk und die lauten Böller, die wie Kanonen klingen. Mit so etwas haben wir an einem Karfreitag nicht gerechnet.

Tag 28 – 15.04.2023

Wir haben quasi im Museum geschlafen. Denn der Xenios Tower ist eines der historischen Gebäude in Dimitsana. Soll das Haus des Arztes gewesen sein. Hohe Räume mit bemalten Decken und Wänden und von unserem Zimmer aus haben wir auf zwei Seiten herrliche Ausblicke auf Dimitsana. Einziger Nachteil: Alte Häuser lassen sich schlecht heizen – ausserhalb vom Bett ist es mehr als frisch. 

Für unsere Klosterwanderung fahren wir zum Neuen Filosofou Kloster; auch die unbefestigten Abschnitte sind natürlich kein Problem für unseren Landi. Von dort aus wandern wir zum Prodromou Kloster und wieder zurück. Ist keine lange Strecke, doch hin und zurück um die 300 Höhenmeter. Da bleibt das Schwitzen nicht aus. Es geht meist durch schattigen Wald zum Lousios Fluss hinunter und und auf der anderen Seite wieder steil hinauf. Das Prodromou Kloster klebt ähnlich spektakulär wie die Meteora Klöster am Felsen. Während der türkischen Herrschaft wurde in den Klöstern die griechische Sprache und Kultur im Geheimen gelehrt, da es verboten war. Wir sind jedenfalls froh, als wir uns vom strapaziösen Aufstieg im friedlichen Klosterhof erholen können und lassen uns gerne ein süsses Lukoum anbieten. 

Den Rest des Tages erkunden wir das Lousios Tal und die Bergwelt rundherum mit dem Auto. Packt uns nicht so sehr wie in den vergangenen Wochen, da die Landschaft doch grosse Ähnlichkeiten mit den Schweizer Bergregionen aufweist. Berühmte Schriftsteller verschiedenster Epochen sind so sehr ins Schwärmen über Arkadien geraten – und wir fühlen uns einfach nur zu sehr an die eigene Heimat erinnert. 

Tag 29 – 16.04.2023

Gestern Abend sind wir für die Ostermesse nicht in die Kirche gegangen. Nachdem um Mitternacht die Kirchenglocken geläutet haben, hatten wir für das Feuerwerk von unserem Zimmer aus einen Logenplatz. Die roten Eier gab‘s dann zum Frühstück:  Christos anesti. Alithos anesti. Christus ist auferstanden. Er ist wahrhaftig auferstanden. So grüsst man sich an Ostern.

Heute geht’s durch die Berge ans Meer: vom Schwarzwald nach Korsika. Daran erinnern uns die Landschaften. Ohne Stopps und auf bequemen Strassen kommen wir schnell voran. Und dann ist selbst Harry überrascht – da hat sich doch tatsächlich kurz bevor wir zum Meer kommen wieder ein Offroad Stück reingeschmuggelt. Und gerade stelle ich mit Bedauern fest, dass ich es verpasst habe, ein Foto vom Oster-Ziege-Grillen in einem der Bergdörfer zu machen, da haben wir uns in einer Sackgasse verfahren und stehen quasi mitten auf dem Grillplatz bei einer Familie. Alle finden‘s lustig: Ich bekomm mein Foto und wir bekommen beide einen Bissen fein gegrilltes Fleisch zum Abschied. Καλό Πάσχα! Frohe Ostern!

Nafplio erreichen wir bereits um 13:00 Uhr. In einem der vielen Cafés und Restaurants am Hafen mit Blick auf das Inselchen mit der Bourtzi Festung lassen wir die Stadt erst einmal auf uns wirken. Nach einem Spaziergang am Meer entlang, beziehen wir unser Quartier für die nächsten drei Nächte – ein sehr geschmackvoll eingerichtetes Zimmer von Siloart. 

Tag 30 – 17.04.2023

Die Nacht in Nafplio liegt hinter uns. Es gibt hier Einiges, was wir hier zum 1. Mal erleben. Es war das 1. Mal, dass ich mein Abendessen vollständig aufessen konnte. Ich weiss nicht, wie die Griechen es schaffen, solche Riesenportionen aufzuessen. Das 1. Mal übernachten wir in einem Haus, das nicht kalt und klamm ist. Das 1. Mal frühstücken wir ausserhalb unseres „Homes“. Das 1. Mal regnet es am Morgen in Strömen und wir müssen warten, bis sich die Wolken verzogen haben, bevor wir unser Tagesprogramm starten können.

Heute tauchen wir wieder ganz tief in die griechische Geschichte ein. Es geht nach Mykene d.h. wir machen eine Zeitreise in die Jahre 1300 – 1200 vor Christie. Uns fasziniert aufs Neue, was die Menschen früher schon alles geplant, gebaut und erschaffen haben. Wir hat man es geschafft, ohne die heutigen Maschinen, aus riesigen Steinblöcken diese Mauern zu errichten? Ich kann mich gut an das Foto vom Löwentor in meinem Geschichtsbuch erinnern und nun schreite ich tatsächlich hindurch. Die Lage des Palastes ist natürlich auch wieder strategisch gut gewählt; denn der Blick reicht weit. Auch die fein gearbeiteten Tonwaren, Gold- und Silberarbeiten sind beeindruckend – zeitlos schöne Formen und Muster.

Auf dem Rückweg nach Nafplio halten wir beim Mann unserer Gastgeberin, bei Siloart Factory an. Die Silos an der Strasse sind schon ein Hingucker, daneben stehen alte Bullis und andere Volkswagen. Stelios ist Sammler, Künstler und Bastler. Das Sammelsurium in den Hallen ist auch eine Art von Museum – besonders gefallen tun uns die Installationen aus Metal, die von der griechischen Mythologie inspiriert sind. Auch in unserer Unterkunft haben wir schon einige seiner Werke entdeckt.

Tag 31 – 18.04.2023

Für einmal musste ich wieder alleine los, Alexandra geniesst ihren Arbeitstag. So mache ich mich auf einen Fotospaziergang durch Nafplio. Ich starte mit der Schlossruine Akronauplia oberhalb Nafplio. Es ist tatsächlich mehr von der Anlage erhalten, als man von unten erkennen kann. Nichts ist besonders spannend, aber die Ausblicke sind sehr schön und die Blumenwiesen bringen richtig Farbe ins Spiel.

Nun steige ich ab, zurück in die Stadt. Die Altstadt von Nafplio ist ein echter Touristenmagnet. Dies ist an jeder Ecke sichtbar. Unzählige Geschäfte, Bars und Restaurants in allen Preislagen. Wir sind hier schon beinahe überfordert. Die Wahl einer Location für das Abendessen gestaltet sich mühsam, weil wir uns nur schwer entscheiden können.

Nun will ich noch hoch zur Festung Palamidi. Es sind 999 Stufen zum unteren Tor der Festung. Ich entscheide mich für die Strasse und überlasse den Aufstieg dem Landi. Die Festung ist in jeder Hinsicht gigantisch. Die Lage, die Grösse und die Aussichten überwältigen mich.

Ganz zum Schluss des heutigen Tages war dann auch eine der Kirchen offen. Selber mag ich helle Kirchen, die durch ihre Architektur bestechen. Hier sind die Kirchen dunkel und vollgestellt. Faszinierend ist es allemal.

Tag 32 – 19.04.2023

Wir frühstücken direkt am Meer mit Blick auf die Bourtzi Festung bei herrlichem Sonnenschein und fahren danach zur Ausgrabungsstätte von Epidavros. Die bekannteste „Attraktion“ ist das Theater. Es fasst bis zu 14‘000 Menschen, Wahnsinn. Und der Geniestreich des Architekten: Selbst in der obersten Reihe hört man, was auf der Bühne geflüstert wird. Auch das übrige Epidavros ist  spannend, wenngleich bei den meisten Gebäuden nur noch die Grundmauern erhalten sind. Es ist sozusagen der Prototyp eines Sanatoriums. Nach Appolon wurde zunehmend Asklepios, Gott der Heilkunst, dort verehrt. Menschen pilgerten Gesundheit suchend nach Epidavros und mit Bädern, Tempelschlaf, Stadion, Theater und Bibliothek wurden alle Dimensionen des Menschen, physisch, mental, emotional und spirituell, in die Behandlung mit einbezogen. 

Von der Ausgrabungsstätte bis Neo Epidavros, wo wir heute übernachten werden, wären es gerade mal 25 km. Wir schlagen noch einen Bogen durch die Berge, fahren 20km Offroad und davon die Hälfte heftiges und sehr steiles Gelände. Die Belohnung holen wir uns dann bei der Fahrt zurück ans Meer. Die Ausblicke auf den Saronischen Golf sind traumhaft.

Nun noch ein Abstecher rund um die kleine Halbinsel Methana – sie erinnert mich sehr stark an Korsika, einfach in sehr klein. Wild, urwüchsig, wunderbare Badebuchten, hohe steinige Berge, schmale kurvige Strassen und sogar ein erloschener Vulkan kann bestiegen werden, ein Naturschauspiel aus dem Bilderbuch.

Als wir am Morgen losgefahren sind, hätten wir nie damit gerechnet, dass wir heute noch Regen bzw. Gewitter erleben werden. Aber nach so einem Tag nehmen wir das als weitere Bereicherung gerne hin. Und nach einer Stunde ist sowieso wieder alles heiterer Sonnenschein.

Tag 33 – 20.04.2023

Unsere Unterkunft in Neo Epidavros ist klein und einfach und das Highlight: Frühstück kommt aufs Zimmer. Und dann sitzen wir mit unserem Frühstück auf dem kleinen Balkon, die Sonne lacht uns entgegen, Organgenblütenduft weht aus den Hainen herüber, wir beobachten, wie ein Fischer antuckert, seinen Fisch direkt ab Boot verkauft, die Möwen über das Wasser segeln – Entspannung pur.

Wir haben eine kurze Etappe vor uns und nach den gestrigen landschaftlichen Superlativen ist es schwer, uns heute zu beeindrucken. Für ein bisschen Aufregung sorge ich selbst, indem ich ganze 10 km selber fahre. Nach den längsten 10 km der bisherigen Reise, stelle ich fest, dass es nichts Besseres für mich gibt, als Landi Beifahrerin zu sein.

Beeindrucken kann uns dann die Besichtigung des antiken Nemea. Wie die Athleten vor 2300 Jahren bei den alle 2 Jahre stattfindenden Nemeischen Spielen gehe ich durch den dunklen, gewölbten Durchgang, laufe ins Stadion ein und höre die rund 30000 Zuschauer jubeln. Auf dem übrigen Gelände bewundern wir die imposanten Säulen des Zeus Tempels. Nur zu gerne hätten wir die ganze damalige Pacht gesehen, die wir an Hand der in den Blumenwiesen liegenden Säulenelementen nur erahnen können.

Unsere Unterkunft im alten Korinth erreichen wir bereits um 15:00 Uhr. Eine Ein-Zimmer-Wohnung mit Dach-Terrasse und einmaligem Ausblick: Ausgrabungen direkt nebenan, oben der Burgberg und unten das Meer – Top!

Tag 34 – 21.04.2023

Da sich der Burgberg, Akrokorinth, bis auf 575 m hoch über dem Ort erhebt, überlassen wir dem Landi einen Teil des Anstiegs . Ab dem Eingangstor bleiben uns immer noch genügend Höhenmeter zum hoch und runter kraxeln. Die Reste des Aphrodite Tempels sind wohl die ältesten Funde und gehen auf das 14. Jahrhundert v. Chr. zurück. Über die Jahrtausende sind dann noch römische, byzantinische, fränkische und türkische Spuren dazu gekommen. So entdecken wir das Kirchlein des Heiligen Demeter, die Reste einer Moschee und den typischen Turm einer Ritterburg. Wahrscheinlich der Hauptgrund dafür, dass alle so heiss auf den Ort waren, ist die Lage. Wir können sowohl den Saronischen Golf als auch den Golf von Korinth sehen und nach Süden hin liegt uns die Peloponnes zu Füssen.

Gut wohnen wir mitten im alten Korinth. Da können wir unseren Landi vor der Tür parken und die paar Schritte zum Ausgrabungsgelände zu Fuss gehen. Wir sind schon fast ein wenig steinmüde, da wir Ähnliches nun schon in Olympia, Nemea und diversen anderen Orten gesehen haben. Die Stadt hat sich über drei Epochen entwickelt und die letzte Epoche – die römische – ist noch sehr gut nachvollziehbar. Auch der Reichtum der Stadt, die zwischen 2 wichtigen Häfen und somit auf Handelsrouten lag, ist offensichtlich. An Hand der Ruinen und Zeichnungen auf den Infotafeln und ein wenig Phantasie gehen wir in den Tempel, schauen uns die Waren in den Laubengängen an, hören den Reden des Apostel Paulus zu und schreiten die steingepflasterte Strasse hinunter, über die auch die Römer zur Pereine Quelle spaziert sind. Circa 267 n. Chr. war es vorbei mit dem Glanz der Stadt. Was die Heruler nicht zerstört hatten, wurde durch Erdbeben zerstört.

Tag 35 – 22.04.2023

Da wir die vergangenen Tage immer wieder gute Ausblicke auf die Ausgänge des Kanals von Korinth hatten, stellten wir fest, dass die Schiffe fehlen. Dank Internet Recherche sind wir bei der Besichtigung des Kanals daher nicht überrascht, dass der Kanal gesperrt ist. Wegen Felsabbrüchen im Jahr 2021 wird am Kanal gearbeitet und vor 2024 wird wohl kein Schiff mehr durchfahren. Punktgenau fahren wir an die Stelle der Bauarbeiten.  Wenngleich wir nicht auf die Fussgängerbrücke gehen können, sind wir dennoch von den Ausmassen des Bauwerks beeindruckt. Die Idee eines Kanals hatten bereits die Römer, gebaut wurde er jedoch erst Ende des 19. Jahrhunderts. Für den Schiffsverkehr brachte dies eine enorme Zeitersparnis. Mittlerweile hat der Kanal an Bedeutung verloren, da die heutigen Frachtschiffe zu gross sind.

Als wir über die Brücke am westlichen Ausgang fahren wollen, können wir das Versenken und Hochholen der Brücke miterleben, da ein Schlepper durchfährt.

Als nächstes fahren wir von Kanal zu Kanälchen. Der Vouliagmeni See hat sozusagen einen kleinen Riss, durch den das Wasser aus dem See ins Meer fliesst. Ganz idyllisch ist es hier.

Wir fahren noch wenige Kilometer weiter und spazieren zum Hera Heiligtum am Kap Ireon. Im smaragdgrünen Wasser der Bucht schwimmen unzählige von seltsamen Quallen. Der Blick vom Leuchtturm aus ist herrlich – wir sehen über den ganzen Golf von Korinth. Auch unser Burgberg, Akrokorinth, ist leicht auszumachen. Auf dem Rückweg picknicken wir auf einer Bank unter Pinien mit Blick auf See und alte Fischerboote – oh wie schön!

Am Rand vom Kur- und Badeort Loutraki haben wir ein schönes Hotelzimmer mit Blick auf den Golf. Loutraki ist in Griechenland berühmt für sein Wasser – früher gab‘s die Marke fast überall. Wir werden bei unserem Spaziergang in den Ort von Wasser von oben überrascht. Wir nutzen eine Regenpause, um trockenen Fusses zurück ins Hotel zu kommen. Hier haben wir gratis Disco Feeling, da unten eine Hochzeitsgesellschaft am Feiern ist.

Tag 36 – 23.04.2023

Jetzt heisst es endgültig Abschied nehmen von der Peloponnes; es war wunderbar. Sind wir nach all den einsamen Strasse und kleinen Dörfern wirklich bereit für die Grossstadt? Wir pirschen uns langsam an: Zuerst schauen wir uns noch das östliche Ende des Kanals von Korinth an. Hier können wir über die Brücke gehen und das kolossale Bauwerk aus der Nähe bewundern.

Da wir gut in der Zeit liegen, halten wir nach weiteren Sehenswürdigkeiten Ausschau und entdecken am Stadtrand von Athen das Kloster Daphni. Es steht zu recht ebenfalls auf der Liste der UNESCO Weltkulturerbe. Die byzantinische Kirche beeindruckt insbesondere mit ihren Mosaiken. Erfrischung finden wir im Park nebenan, welcher auch für Athener ein beliebter Treffpunkt am Wochenende zu sein scheint.

Unsere Unterkunft liegt mitten in der Athener Altstadt: gut für unsere Stadtbesichtigungen, schlecht fürs Parken. Harry bringt weder der Athener Verkehr, noch die Parksituation ins Schwitzen. Quer durch die Altstadtviertel Monastiraki und Plaka marschieren wir zum Akropolis Museum. Cooles Gebäude mit Blick auf die Akropolis und natürlich jede Menge beeindruckende Kunstwerke. Insbesondere die Erklärungen zum Parthenon und die Anordnung der Bauelemente im 3. Stock ist sehr informativ. Bei den Statuen im 1. Stock sind natürlich die Karytiden ein Highlight. Doch so viele andere Statuen und Kunstwerke machen uns sprachlos angesichts der Kreativität und Kunstfertigkeit.

Bei warmem Abendlicht machen wir uns auf den Rückweg und lassen die Stadt auf uns wirken. Den Sonnenuntergang erleben wir auf der Terrasse unserer Unterkunft mit Blick auf die Akropolis – da hat Harry wieder ein gutes Händchen bei der Auswahl bewiesen. Ein gutes Abendessen finden wir ganz nah im Restaurant όμορφη πολύ / schöne Stadt – in der Tat.

Tag 37 – 24.04.2023

Der heutige Tag dreht sich sozusagen um die Akropolis. Wir starten gleich um die Ecke unserer Unterkunft, in der griechischen Agora. Die Anlage ist parkähnlich angelegt und diente damals dem Zweck des Marktbummels. Die Agora bildete über 1000 Jahre lang, vom 5. Jh. v. Chr. bis 580 n. Chr. den Mittelpunkt des kommerziellen und gesellschaftlichen Lebens.

Es braucht viel Phantasie sich diese luxuriöse Bibliothek vorzustellen: mit 100 Säulen, die einen 100m langen und 80m breiten Innenhof umstanden. Das heute fehlende Dach war vergoldet. Es gab Festräume für literarische Bankette, bei denen die Teilhabenden jeweils zu dritt auf steinernen Liegen lagerten. So haben Literatur und Philosophie sicherlich Spass gemacht.

Den Römern war die griechische Agora, um ihre Bedürfnisse zu einem Marktbummel befriedigen zu können, noch zu klein. Also wurde kurzerhand eine Erweiterung angebaut, von der nur etwas die Hälfte freigelegt werden konnte.

Aber jetzt wollen wir endlich hoch zur Akropolis. Je näher wir unserem Ziel kommen, desto mehr Menschen umgeben uns. Im Sommer möchten wir dies nicht erleben. Dass Menschen aus aller Welt herkommen, kann man erst wirklich verstehen, wenn man oben angekommen ist. Athen liegt einem zu Füssen und die Stadt reicht auf alle Seiten bis zum Horizont. Die Stadt selber ist nicht schön, sie ist laut und auch eher schmutzig. Sie verströmt trotzdem Charme durch ihre Umtriebigkeit und Lebhaftigkeit – überall ist etwas los. Wir geniessen die vielen Attraktionen auf der Akropolis Stück um Stück, sind hingerissen von den Bauwerken und wollen irgenwie gar nicht wirklich wieder runter.

Wie schon gesagt, haben wir noch nicht genug Akropolis aufgesogen und entscheiden uns im Rooftop-Restaurand eines Hotels zu Abend zu Essen. Hier stimmt alles, die Atmosphäre, das Essen, der Wein, die Bedienung und vor allem der Ausblick. Wir sind rundum zufrieden.

Tag 38 – 25.04.2023

Heute ist Alexandras Arbeitstag und Harrys Reiseruhetag.

Tag 39 – 26.04.2023

In Loutraki hat Alexandra auf Sommerschuhe umgestellt. Auf den ausgedehnten Spaziergängen in Athen hat sich leider herausgestellt, die Schuhe sind zu klein. Zum Glück sind wir in Athen. Hier gibt es unzählige Schuhläden und Sportgeschäfte. Es stellte sich somit nicht die Frage, ob wir passende Schuhe finden. Die Frage ist eher, wie viele Geschäfte müssen wir besuchen, bis wir fündig werden. Alles in allem ging es dann doch flott – und da sind sie nun die neuen passenden und schicken Schuhe:

Nun können wir unsere Tour starten. Das Pech ist nur, Harry muss nun mit rennen. Athen ist eine verrückte Stadt. Die schützenswerten Kirchlein hat man tatsächlich auch stehen lassen. Sie sind regelrecht von Betonburgen umzingelt.

Vor dem Parlamentsgebäude wird alle Stunde die Wache abgelöst. Dieses Ballett wollten wir keinesfalls verpassen. Wir hatten Glück: Um 12 Uhr waren nicht allzu viele Touristen da und wir konnten der Zeremonie aus der ersten Reihe beobachten.

Hinter dem Parlamentsgebäude befindet sich der Nationalgarten. Es ist in Athen die grösste Grünanlage. Aber für unsere Verhältnisse immer noch recht klein. Athen zählt zu den Grossstädten mit den wenigsten Grünflächen. Leider war auch zusätzlich vieles in Renovation, so waren wir schnell durch und wieder draussen.

Wenn schon neue Schuhe, dann ab ins Panathenäische Stadion. Hier fand 1896 die erste Olympiade der Neuzeit statt. Ein toller Bau in dem 70’000 Besucher Platz finden.

Weiter geht es zur Zappion Ausstellungs- und Kongresshalle. Wir können gerade mal am Eingang einen Eindruck vom inneren des Gebäudes erhaschen, weiter kommen wir nicht.

Der Zeus-Tempel liegt nur wenige Schritte entfernt. Die riesigen Säulen stehen völlig frei im Wind und die meisten mussten daher eingerüstet werden.

Tag 40 – 27.04.2023

Gestern Abend hatten wir im Restaurant Feedel noch ein weiteres kulinarisches Highlight: griechische Gerichte modern interpretiert und eine schöne Ambiance.

Inspiriert durch die gestrige Schuhgeschäft-Tour gönnt sich Harry heute ein Paar Sommer-Laufschuhe. Bei der Auswahl an Geschäften muss man wahrscheinlich für Nichts lange suchen. Jetzt sind wir beide leichten Fusses unterwegs – Harry halt mit den hipperen Farben.

Da wir gerade neben dem Stadtteil Psirri wohnen, starten wir unseren heutigen Stadtspaziergang dort. Es ist noch nicht so touristisch und eine Mischung von Athener Alltag, punktuellen Restaurant-Anhäufungen und viel Graffiti.

Nächster Programmpunkt ist die Universität – umbrandet vom Grossstadtverkehr stehen sie da die Tempel der Wissenschaft. Insbesondere die Akademie der Künste ist ein Kunstwerk für sich. Man könnte sich auf die Treppe setzen und sich beim Gespräch zwischen Sokrates und Aristoteles mit einbringen.

Doch wir wollen ja noch auf den „Wolfshügel“, den Lykavittos. Um dorthin zu kommen laufen wir durch den Stadtteil Kolonaki. Die Designer Boutiquen, Gallerien und Edel-Restaurants lassen vermuten, dass hier eher die gut betuchten Athener leben. Unser Weg führt uns durch steile Strassen und Treppen zur Standseilbahn, die uns den weiteren Aufstieg auf die 277 Meter abnimmt. Und wieder liegt uns die Stadt zu Füssen: ganz Athen bis runter nach Piräus sehen wir und natürlich die Akropolis.

Zurück in Kolonaki lassen wir uns von einem sehr freundlichen Taxifahrer mit einem sehr sauberen Elektroauto – soll noch nicht viele in Griechenland geben – zum Fuss des Philipappos Hügels bringen. Nicht so hoch oben wie der Lykavittos, doch dafür näher an der Apropolis dran. So langsam haben wir alle spektakulären Ausblicke auf die Akropolis abgeklappert – schön ist es immer wieder. Zum Sonnenuntergang pilgern viele Besucher zum Philipappos oder zum nahe gelegenen Areopag, um Sonnenuntergang in Kombination mit der Akropolis zu sehen. Das machen wir dann nachher vielleicht noch von unserer Dachterrasse aus. 

Tag 41 – 28.04.2023

Gestern Abend war unser letzter Tag in Athen und er hätte nicht besser sein können. Mit frisch geputzten Schuhen sind wir nochmals ins Restaurant «όμορφο πόλη» – “Schöne Stadt” gegangen. Erstens weil die Dolmades beim ersten Mal so gut waren und zweitens weil es griechische Live Musik geben sollte. Und sowohl Essen als auch Musik liessen nichts zu wünschen übrig. Ein Bouzouki Spieler, eine Gitarrist / Sãnger und eine Sängerin bescherten uns ein richtig authentisches Konzert; sozusagen Privat Konzert für 10 – 15 Zuhörer. Je später der Abend desto weniger ausländische und desto mehr griechische Zuhörer. Deren Freude und Mitsingen zu erleben, war berührend.

Als wenn er täglich durch Athen fährt, bringt uns Harry aus dem Zentrum wieder hinaus, hinein in eine grüne Waldoase nur 8 Kilometer vom Zentrum entfernt. Nach dem Verkehr und den vielen Menschen haben wir den Wald rund um den Hymettus Berg als Wohltat empfunden. Das Kloster Kesariani wäre ein ruhiger und friedlicher Ort, hätten nicht Busse mit Schülern das gleiche Ziel für ihren Ausflug.

Nach einem letzten Panoramablick über Athen machen wir uns auf den Weg nach Piräus. Am Mikrolimano, dem kleinen Hafen, vertreiben wir uns die Zeit mit Spazieren, Mittagessen und gemütlich Auf-der-Bank-Sitzen, bis wir uns auf den Weg zum grossen Hafen machen. Ruckizucki sind wir eingeschifft und bereit für das nächste Kapitel in unserem Reiseabenteuer – Kreta wir kommen.

Tag 42 – 29.04.2023

Am Morgen gegen 06:30 Uhr gehen wir in Heraklion an Land. Schnell geht es auf der Autobahn am Meer entlang nach Westen aus der Stadt hinaus. Schon bald verlassen wir bei  Chersonisos die Küstenstrasse und stossen in die einsame Bergwelt Ostkretas vor. Den ersten Stopp legen wir für eine berühmte Platane in Krasi ein: mit 14 m Umfang die grösste Griechenlands, eine der grössten Europas und an die 2000 Jahre alt.

Dann geht es mit schönen Ausblicken nach Malia ans Meer hinunter und wenige Kilometer weiter in Stalida wieder hinein in die Berge. Doch zuerst gibt es noch einen Kafenion Besuch in Mochos. Im Nonnenkloster Kera Kariotissis gibt es einen schönen Ausblick, ein kleines Kirchlein mit wundertätiger Marien-Ikone und ein kleines Museum mit byzantinischen Ikonen, Messutensilien und Schriften. Leckere, rote Erdbeeren kaufen wir auch noch ein.

Über den Seli Ambelou (Pass auf 900 m) mit seinen fotogenen Windmühlen, wo der kalte Wind uns schier davon bläst, erreichen wir unser Tagesprojekt: Erkunden der Lassithi Hochebene. Zu einem grossen Teil handelt es sich um Karstgestein. Mit den  vielen Windmühlen wurde in früheren Zeiten, das Wasser, das sich im Winter und Frühling im Gestein sammelt, zur Bewässerung nach oben gepumpt. Die Windmühlen mit fotogenem weissen Tuch stehen jetzt eher für die Touristen da; denn die meisten funktionieren mittlerweile mit Dieselantrieb. Na fruchtbar ist die Ebene nach wie vor: Gemüseanbau und Obstbäume nehmen den grössten Teil des Plateaus ein. Aussen drum herum führt eine Ringstrasse und die Dörfer sind an die Hänge gebaut, da es in der Mitte vom Plateau im Winter und Frühling feucht oder sogar überschwemmt ist.

In einem der Ort, in Kaminaki kurbeln wir uns über etliche Kurven wieder den Berg hoch und werden mit einer grandiosen Aussicht auf die Lassithi Ebene belohnt. Auf der anderen Seite geht es hinunter in ein einsames Tal zur Agios Emmanouil Kapelle. Wir sind allein in dieser herrlichen Bergwelt: vor uns der 2148 m hohe Gipfel des Spathi im Dikti Gebirge, ein paar Schäfer Hütten und natürlich Schafe und Ziegen. Nicht ganz allein – mitten im Nirgendwo sammelt eine sehr alte Frau Kräuter und erzählt, dass sie 1992 aus Deutschland zurück nach Griechenland gekommen ist. 

Zurück in der Lassithi Hochebene geht’s nach Psychro. Dort scheint neben vielen Touristen Land Rover Treffen zu sein. Was andere als geführte Tour buchen, haben wir ganz individuell. Warum ist Psychro so ein Magnet?  Hier finden wir die Diktéon Ándron Höhle. Das ist nicht einfach nur eine Tropfsteinhöhle sondern die Geburtshöhle von Zeus. Wer auch immer damals dabei war, um dies zu dokumentieren. Wir nehmen den steilen Aufstieg in Angriff und verzichten auf das angebotene Esel-Taxi. Oben angekommen geht es in der Höhle auf Treppenstufen wieder hinunter. Kühl ist es und die bizarren Formen der Stalagmiten und Stalagtiten regen wie immer die Phantasie an. Spektakulär müssen wohl die Funde aus minoischer und mykenischer Zeit gewesen sein. Die Opfer- und Weihegaben belegen, dass auch für diese frühen Kulturen, die Höhle eine besondere Bedeutung hatte – vielleicht haben auch sie die Höhle mit Zeus in Verbindung gebracht. 

Auf unserer weiteren Umrundung der Hochebene und nach dem Verlassen der Hochebene machen wir noch Halt bei 2 kleinen Kirchen. Beide strahlen Ruhe und Friedlichkeit aus. Die zweite Panagias Koufi Petra gehört zu einem Nonnenkloster mit 3 Nonne und einer schönen Aussicht bis zum Meer. Auch hier treffen wir wieder auf einen alten Griechen, der uns sie Kirche zeigt und von seiner Zeit in München erzählt, als er beim Aufbau des Olympia Stadions und der U- Bahn mitgearbeitet hat. Als er für seinen Militärdienst nach Griechenland ging, liess ihn die damalige Militärdiktatur nicht mehr zurück nach Deutschland ausreisen. Da haben wir nun schon einige Geschichten von Auslandsgriechen – meistens Deutschland, einmal sogar jemanden aus Zürich – gehört.

Nach einer ausblickreichen Fahrt von der Lassithi Hochebene zurück ans Meer, begrüsst uns Elounda im warmen Spätnachmittagslicht und wieder einmal sind wir begeistert. Unsere kleine Wohnung ist im benachbarten Agios Nikolaous und auch von unserem Balkon aus haben wir wunderschönen Meerblick. Gut essen tun wir im Restaurant Piato. 

Tag 43 – 30.04.2023

Nach dem Frühstück auf unserem Balkon mit Meerblick ist erst einmal Kleiderwaschen und Blog-Aufarbeiten angesagt. Um die Mittagszeit brechen wir auf und fahren zur Elounda Bucht. Über einen kleinen Damm kommt man zur Spinalonga Halbinsel, wo wir parken und bei einem Spaziergang an das Ufer auf der anderen Seite ins Schwitzen kommen. In Schisma dem Hauptort der Bucht entdecken wir einen schönen kleinen Hafen. Doch der geht im touristischen Rummel fast unter. Gemäss unserer Gastgeberin hat Elounda die grösste Dichte von 5 Stern Plus Hotels; und von den anderen Kategorien gibt es auch genügend.

Wir fahren der Küste entlang nach Norden mit schönen Ausblicken auf die grosse Spinalonga Halbinsel und auf das kleine Spinalonga Inselchen. Nachdem zuerst die Venezianer und dann die Türken die Insel für ihre Zwecke genutzt haben, gab es ein ganz trauriges Kapitel: Von 1903 bis 1957 wurden Leprakranke aus ganz Kreta und später aus ganz Griechenland dort „ausgesetzt“. Fast sich selbst überlassen, in Ruinen, ohne fliessend Wasser und Strom, ohne Kontakt mit ihren Familien wurden sie nur unzureichend mit Medizin und Lebensmitteln versorgt. Angeblich sollen das sogar noch bessere Verhältnisse gewesen sein als das Leben, was sie anderenorts führen mussten. 

Wir versuchen bis ans Ende der nördlichen Küste zu einem Leuchtturm zu kommen. Doch mitten in einem Windräder Park geht‘s nicht mehr weiter. Bei schwierigen Licht- und Dunstverhältnissen für‘s Fotografieren erkunden wir noch mehr wilde, einsame Küste und hügeliges Land. 

Tag 44 – 01.05.2023

Auch gestern haben wir wieder – zusätzlich unterstützt durch die Empfehlungen unsere Gastgeberin – ein schönes Lokal für unser Abendessen gefunden. Agios Nikolaos hat einen See. Es ist ein Teil des Meeres, doch da das Wasser ganz eng unter einer Brücke durch geht und danach durch eine kreisrunde Bucht begrenzt wird, sieht es aus wie ein See. Unser Restaurant ist jedenfalls am Hang oberhalb des Sees. Tja, was soll ich sagen, im Gioma Meze waren Aussicht, Service, Wein und Essen tipptopp. Meine Muscheln in Cognac-Curry Sosse waren sehr lecker und die Profiteroles zum Dessert ebenfalls. In der Bar noch eine Etage höher einen Ouzo zum Verdauen – alles perfekt.

Am 1. Mai Feiertag müssen wir feststellen, dass sogar die Kirchen geschlossen sind. Gilt nicht für alle. Doch die Kirche in der Nähe von Kritsa, Panagia Kera, ist eher ein Museum. Sie soll die besten byzantinischen Fresken auf Kreta besitzen und wir können sie nur von aussen fotografieren. Nach Kritsa schrauben wir uns wieder den Berg hinauf und werden mit einer herrlich wilden Landschaft und Ausblicken auf die Mirabello Bucht  beschenkt. Trotz tief hängender Wolken und Tropfen wunderschön.

Die Kathero Ebene, in die wir nach unserem Aufstieg hinunter fahren, ist nicht so gross, wie die Lassithi Hochebene; doch sogar noch schöner. Wir sehen den Spathi Gipfel nun von der anderen Seite und tauchen ein in diese herrliche Bergwelt. Harry und der Landi bekommen ebenfalls wieder ihr ideales Terrain. Ungefähr 12 Kilometer der Strecke Richtung Males sind Offroad Strecke, für die wir mit Fotostopps eine Stunde brauchen. Doch wir sind beide von der Landschaft begeistert. 

Von Males über Anatoli bis Kalamkafka haben wir immer wieder Blick aufs Meer – dieses Mal allerdings auf die Südküste. Denn hier ist Kreta so schmal, dass man an einem Tag problemlos hin und her pendeln kann. Bei Sonnenschein würde es wahrscheinlich noch schöner aussehen. Auffallend sind die unzähligen weissen Flächen, was Gewächshäuser sein müssen. Da das Wetter einfach nicht besser werden will, geht es ohne weitere Stopps wieder zurück an die Nordküste.

Laut unserer Gastgeberin soll Voulisma der schönste Strand in der Gegend sein und wir können ihr beipflichten. Leider ist es kühl und grau, so dass wir nicht baden gehen. 

So sind wir früher als gedacht zurück und können uns Zeit für Agios Nikolaos nehmen: Den See noch von unten anschauen, am Hafen Europa auf dem Stier besuchen. Hier soll Europa auf Zeus als Stier also an Land gekommen sein und somit heisst nun der ganze Kontinent Europa. Eine weitere Empfehlung unserer Gastgeberin ist da Restaurant Pelagos. Hat zwar keine Sicht auf Meer oder See. Doch es ist sowohl aussen als auch innen sehr schön eingerichtet und Service und Essen sind vorzüglich: sowohl meine Garnelen als auch Harrys Rindersteak an Pfeffersauce. Geschenk des Hauses war ein kleiner Dessert und ein kleines Fläschen Raki. Raki ist sozusagen das Nationalgetränk von Kreta. Auch wenn es gleich heisst wie in der Türkei, schmeckt es nicht nach Anis. Der türkische Raki ist wie der griechische Ouzo und der kretische Raki ist wie der griechische Tsipouro oder der italienische Grappa. Yamas!

Tag 45 – 02.05.2023

Wir verlassen unser Apartement etwas früher als üblich. Bevor wir Agios Nikolaos verlassen, frühstücken wir am See und machen uns danach auf den Weg nach Sitia. Alexandra hat heute ihren Arbeitstag, darum machen wir nur wenige Stopps, damit wir so um die Mittagszeit unser Zimmer beziehen können. Den Olivenbaum mit 8m Durchmesser am Stamm und 14m in der Krone nehmen wir gerne noch mit. Unterwegs gibt ein paar Fotostopps und einen Café-Halt von wo Alexandra ihren ersten Termin wahrnimmt.

Nachdem wir das Zimmer bezogen haben, fahre ich ca. 20 km zurück und mache mich auf eine abenteuerliche Fahrt mit dem Landi. Von der Hauptstrasse zweige ich rechts ab, entlang der Richtis Schlucht bis zur Richtis Beach. Die Strasse ist meist betoniert aber seeehr holprig. Nun bin ich auf Meereshöhe und steige mit dem Landi auf Offroadpisten oder besser Wanderwegen bis auf 580m auf. Ich habe gedacht ich sehe von wie die Strasse den Berg hoch verläuft, habe mich aber getäuscht, weil ich plötzlich vor einem geschlossenen Tor stehe. Also umdrehen. Für einmal für mich das Navi ganz passabel durch die Wanderwege, über den Berg zurück auf meine geplante Route. Es war eng, sehr steil aufwärts und abwärts, in den vielen Kehren musste ich oft zurücksetzen um die Kurve zu kriegen aber es war einfach nur super. Diese Tour hat mir gezeigt, dass es für den Landi fast keine Grenzen gibt, einfach das beste Auto, dass ich mir vorstellen kann.

Tag 46 – 03.05.2023

Wir machen uns auf den Weg in den äussersten Nordosten Kretas. Das schöne Kloster Toplou lädt zum ersten Halt ein. Wehrhaft steht es da und hat sich über die Jahrhunderte gegen Türken und Deutsche gewehrt. Viel zu sehen gibt es auch: eine beeindruckende Ikone aus dem 18. Jahrhundert, die auf grossem Format Bildergeschichten aus dem Alten und Neuen Testament erzählt, weitere zum Teil noch ältere Ikonen, eine Sammlung von Stichen und vieles mehr. Auch der Innenhof lädt zum Meditieren ein.

Ganz in den äussersten Zipfel der Insel kommen wir dann doch nicht. Ein Schlagbaum und  Militärpräsenz bremsen uns aus. Grossräumig drumherum ist auch Fotografien verboten. Sobald wir die Foto-Verbot-Zone verlassen haben, knipsen wir in den malerischen Buchten um die Wette.

Und dann bist Du an einem der schönsten Strände Kretas mit dem einzigen Palmenwald und Du kannst nicht ins Wasser, weil der Wind bis zu 40 km/h weht, die Wolken grau sind und das Wasser eh unter 20 Grad ist. Mal schauen, wann wir endlich mal ins Wasser kommen. Es ist nicht so, dass wir noch niemanden im Wasser gesehen haben. Doch auf unserer bisherigen Reise waren das echte Ausnahmen. Auf jeden Fall werde ich Kreta nicht verlassen, ohne im Wasser gewesen zu sein.

Ohne Baden brauchen wir für den Rest der Route nicht viel Zeit, da die Landschaft entweder sehr karg ist oder voller Olivenbäume. Und da haben wir schon malerischere Olivenhaine auf der Peloponnes gesehen. Olivenöl Fans sollten sich den Namen Sitia merken und zugreifen, wenn sie welches entdecken.

Früh zurück zu sein, hat den Vorteil, dass wir am Hafen entlang durch Sitia schlendern können und in einem Kafeneion noch zum Tavlispielen kommen.

Tag 47 – 04.05.2023

Da direkt gegenüber unseres Hotelparkplatzes eine Werkstatt mit Autowasch-Service ist, haben wir unseren Landi gestern dort abgegeben. Sowohl Christo als auch sein Chef sind vom Auto begeistert, als wir es am Morgen abholen. Christo will gar nicht mit Polieren aufhören und dabei haben wir heute wieder eine grosse Tour vor uns. 

Durch die Eskapaden der Navis ist das Abfahren von Harrys Routenplanung manchmal eine regelrechte Schnitzeljagd. Für das Finden der nahe gelegene Kapelle Agii Apostoli inmitten eines typischen griechischen Friedhofs – es sind immer Fotos der Verstorbenen auf den Grabplatten – brauchen wir mehr als einen Anlauf. Nächster Halt ist ein idyllisch gelegenes und perfekt restauriertes venezianisches Herrenhaus, de Mezzo. Die Venezianer waren halt auch überall im Mittelmeer. Nur wenig weiter entfernt gibt es nochmals venezianische Spuren zu entdecken – die Überreste des Dorfs Voila. 

Beim Durchqueren der Insel von Nord nach Süd sind wir wieder einmal von der wunderschönen Berglandschaft hingerissen. Harry meinte zwar, dass es heute keine Offroad-Strecken gibt; doch die Klassifizierung der Strassen auf den Karten ist immer Mal wieder für eine Überraschung gut. So ist unser ehemals sauberer Landi nun rot gepudert von der tiefroten Erde hier. Langsam aber sicher wird dann auch noch aus den tropfenden Wolken richtiger Regen. Und unser geplanter Badehalt am wunderschönen Strand von Kato Zakros oder am Ambelou Strand fällt regelrecht ins Wasser.

Auch den Rest der Strecke, die schön zwischen Berg- und Küstenpanoramen abwechselt, bringen wir ohne Halt hinter uns. Regen und extreme Windgeschwindigkeiten laden weder zum Baden, noch zum Wandern, noch zum Gemütlich-draussen-sitzen ein. „Entschädigt“ für unseren ersten richtigen Regentag werden wir durch eine modern eingerichtete Wohnung in Ierapetra direkt am Meer und einem sehr guten Abendessen im Restaurant Bohème. 

Tag 48 – 05.05.2023

Wir fühlen uns so wohl in unserer Wohnung – da möchte man gar nicht weggehen. Doch es hat aufgehört zu regnen und ganz vorsichtig gucken ein paar Sonnenstrahlen hinter den Wolken hervor. Auf dem Weg von Ierapetra nach Myrtos sehen wir nun die grossen und unzähligen Treibhäuser, die wir ein paar Tage zuvor von oben gesehen haben, aus der Nähe. Das muss hier die Obst- und Gemüsequelle von ganz Kreta sein und einiges wird sicher auch exportiert. Rund um Arvi kommen dann noch Bananenplantagen hinzu. Was jedoch noch viel beeindruckender auf unserer Fahrt am Meer entlang ist, das ist die Symphonie in Blau. Wir können uns gar nicht satt sehen an den Blautönen; die Sonne bringt alles noch zusätzlich zum Leuchten und der extrem starke Wind zaubert weisse Schaumkronen über den blauen Teppich. Hinter Avri schlängelt sich die Strasse in vielen Kurven wieder den Berg hoch. Ausserhalb von Amiras halten wir an der Gedenkstätte für die 440 Opfer, die 1943 von den Nazis getötet wurden, an. Auch auf Kreta hat der zweite Weltkrieg seine traurigen Spuren hinterlassen. 

Nach weniger als 10 Kilometern schlängeln wir uns wieder ans Meer bei Keratokambos hinunter und haben das blaue Farbenspiel wieder vor uns. In Tsoutsouros machen wir eine Pause. Für die Weiterfahrt hat Harry sich die unbefestigte Strasse, die sozusagen senkrecht den Berg hinauf geht, ausgesucht. Was uns dann tatsächlich aufhält, sind nicht die Strassenverhältnissen sondern die Fotostopps. Die Landschaft ist einfach unbeschreiblich schön!!! Auf die eine Seite sehen wir die uns bekannten Berge Ostkretas mit dem Spathi als markantem Gipfel und auf die andere Seite, die uns noch unbekannten Berge Westkretas. Ungefähr ab Ethia sehen wir dann tief unten die Messara Ebene. Sie liegt ziemlich in der Mitte Kretas und scheint nur aus Olivenbäumen zu bestehen. 

Doch Harrys Planung hat noch eine weitere Überraschung parat: Statt runter in die Ebene geht es nochmals hinunter ans Meer nach Tris Ekklesies. Auch hier wieder geht es sozusagen senkrecht den Berg hinunter und dann später wieder hinauf. Oh, wie schön ist das denn – sogar den Geiern kann man hier beim Segeln zuschauen. Danach fahren wir nach Matala, wo wir 3 Tage bleiben werden. Auch hier haben wir wieder eine Unterkunft, von deren Terrasse wir die Highlights, die berühmten Felsen mit den „Hippie-Höhlen“ und den herrlichen Strand, sehen können. 

Tag 49 – 06.05.2023

Während unseres Abendessens sassen wir für den Sonnenuntergang in Matala sozusagen in der ersten Reihe. Der Wind ist jedoch nach wie vor unheimlich. Die ganze Nacht hat er gewütet, so dass man meinte, dass Dach fliegt weg. Hinzu kommt, dass am Morgen dicke grau Wolken am Himmel hängen und die gegenüberliegende Küste mit den Bergen komplett unsichtbar geworden ist. Wir überbrücken die Zeit mit Waschen und anderen organisatorischen Dingen.

Als die Wolken etwas aufmachen, fahren wir los in die Messera Hochebene. Wir besichtigen die Ausgrabungsstätte Gortys. Ihre Blütezeit hatte sie im 7. bis 2. Jahrhundert vor Christie, also zur römischen Zeit Kretas. Highlights sind die Reste der Titus Kapelle. Paulus weihte Titus zum ersten Bischof der Insel und schrieb ihm auch Briefe, die in der Bibel zu finden sind. Im römischen Odeon befinden sich die ältesten Gesetzestexte der Welt. In Stein gemeisselt auf Griechisch so wie ein Bauer pflügt d.h. von links nach rechts und dann von rechts nach links – sieht man gut am E. Die zweitgrösste minoische Siedlung nach Knossos ist Phaistos. Auch wenn man immer wieder Ehrfurcht vor dem Alter (2600 – 1450 vor Christie) dieser Kultur empfindet, schauen wir uns die Steine nicht aus der Nähe an, sondern geniessen einfach den Überblick über die Anlage.

Zurück in Matala ist es zwar sonniger, doch immer noch extrem!!! windig. Trotzdem machen wir einen Spaziergang Richtung Red Beach und durch Matala selbst. Der Wind wühlt das Meer regelrecht auf und es ist beeindruckend, den Wellen zuzuschauen, die sich an den Felsen brechen. Die Zeit der Hippies ist schon lange vorbei und dennoch gibt es hier und da noch Hinweise auf diese Zeit, die geschäftstüchtig genutzt werden.

Tag 50 – 07.05.2023

Das Wichtigste zuerst: Die Sonne scheint! Wir wollen heute ein paar Strände anfahren. Der erste ist in Kali Limenes und der Strand selbst ist auch tatsächlich sehr schön.  Doch vom Strand aus schauen wir direkt auf eine nahe Insel mit 4 grossen Öltanks. Hierher wird Rohöl aus dem nahen Afrika geliefert und dann von anderen Schiffen innerhalb Griechenland verteilt. 

Wir fahren nur ein paar Kilometer weiter und eine Piste bringt uns zum Ausgangspunkt für einen Spaziergang zum Meer. Schon der Weg durch die Schlucht ist wunderschön: Ziegenglocken bimmeln, Vögel segeln, Sportler klettern die höhlengespickten Felsen hinauf. Das Highlight ist dann der Agiofarango Strand selbst – einfach nur schön. Und endlich kommen wir zum ersten Mal auf unserer Reise ins Wasser. Wunschlos glücklich. Gutes Essen für heute Abend ist auch schon gesichert: wir gehen nochmals in George’s Yard, wo wir bereits gestern sehr gut gegessen haben.

Tag 51 – 08.05.2023

Endlich ist der Wind eingebrochen und nun müssen wir unsere Unterkunft mit super Terrasse verlassen. Das war jetzt schlechtes Timing. Doch schönes Wetter können wir auch für unsere Berg- und Küstenfahrt gut gebrauchen. Vorbei an weiteren unzähligen Treibhäusern machen wir unseren ersten Halt in Agia Galini. Vom Hafen aus haben wir einen schönen Blick auf den übrigen Ort, der sich den Hang hinauf zieht. Im gemütlichen Café mit Blick aufs Meer möchte man bei dem sommerlichen Wetter gerne noch länger sitzen bleiben. Doch Harry hat heute noch viel für uns geplant. Im Nu sind wir wieder über 500 Höhenmeter und haben herrliche Einblicke in die Berge Zentralkretas. Schon beim Anfahren des nächsten Punkts, der Strand von Agios Pavlos, sind wir wieder einmal von der schönen Küste hingerissen. Der Strand würde zum Schwimmen einladen; wir steigen jedoch zum Kap Melissa. Dort gibt es schöne Ausblicke auf die Küste nach Westen und Osten und einen Felsblock, an welchem man Gesteinsfaltung ganz aus der Nähe betrachten kann – die Natur als Künstler.

Kurven hoch und Kurven runter und schon sind wir an den nächsten Traumstränden: Mikri Triopetra und Triopetra Strand. Auch hier lässt mich Harry nur am Strand spazieren gehen; Faulenzen am Strand steht heute nicht auf dem Programm. Mit unzähligen „Oh wie schön“ steigen wir wieder tief in die Bergwelt ein: sehen idyllische Bergdörfer, Landschaften, die uns mal an Graubünden und mal  an Schottland oder Irland erinnern und besuchen noch einen einsam lebenden Mönch in der Kirche Agios Antonios. Seit 4 Jahren lebt er alleine dort, hält alles in Schuss umgeben von einem Hund und vielen Gänsen und Wahnsinns Ausblick. Keine Ahnung, wie Harry den Ort wieder gefunden hat – in unserem Reiseführer ist er jedenfalls nicht erwähnt.

Und dann kommen wir tatsächlich an einen noch schöneren Strand und schon wieder komme ich nicht ins Wasser. Es gibt jedenfalls mehr als einen Palmenstrand auf Kreta. Denn auch am Preveli Strand gibt es Palmen. Doch zusätzlich liegt er am Ende einer Schlucht und der Fluss der ins Meer mündet, bildet hinter der Düne noch eine Lagune. Paradiesisch ist es und im Vergleich zu den bisherigen Stränden „überlaufen“. Das Kloster Preveli selber liegt natürlich wieder hoch am Berg und ist wieder einmal geschichtsträchtig. Auffallend wie viele der Klöster wichtige Rollen bei der Unterstützung der Partisanen und bei der Befreiung von den diversen Besatzern gespielt haben.

Nach einer weiteren Berg- und Talfahrt haben wir unsere Unterkunft für die nächsten 3 Tage in Frangokastello um 18:00 Uhr erreicht. Das war eine erlebnisreiche Fahrt. 

Tag 52 – 09.05.2023

Nachdem wir die letzten Tage weite Strecken zurückgelegt haben, habe ich den heutigen Ausflug halbiert. Zudem musste ich alleine los, da Alexandra heute arbeiten muss. Sie sitzt noch in der Poolbar, leider nicht vor einem Apéro, sondern vor ihrem Rechner und hält Meetings. Wir sind die einzigen Gäste in Kallicrates Village, darum ist das gerade ohne Störungen möglich. Meinen ersten Halt mache ich in Chora Sfakion, einem kleinen Städtchen am Meer. Die Gasse in der zweiten Reihe ist schon uninteressant. Der Weg in der ersten Reihe zum Wasser, besteht nur aus Bars, Restaurants und Shops. Es ist ein Uhr, aber noch ist hier nichts los. Auf der Rückfahrt fahre ich wieder am Parkplatz vorbei und nun stehen hier mehr als 10 Busse.

Ganz komme ich auch heute nicht um die Berge herum. Mein nächstes Ziel ist die Aradena Brücke. Sie führt über die gleichnamige Schlucht und man bekommt echt weiche Knie, schon wenn man bei der Überfahrt aus dem Landi-Fenster nacht unten schaut. Der Spaziergang zum Kirchlein vom heiligen Erzengel Michael ist kurz. Leider ist die Kirche verschlossen.

Auf der Weiterfahrt geht es noch einmal etwas höher in die Berge, bevor es wirklich sehr steil nach unten nach Paralia Likos und Paralia Finika geht. Die Strasse bis ca. 3km vor den beiden Buchten ist fantastisch. Bei einem Fotostopp, runter in die beiden Buchten, fliegen nur etwas über mir drei Geier. Bis ich das Objektiv gewechselt habe, sind sie schon wieder höher aufgestiegen, aber ein paar brauchbare Bilder konnte ich trotzdem noch schiessen. Leider muss es im unteren Teil wieder neue Felsabbrüche gegeben haben. Die Bauarbeiten sind voll im Gange. Ich hätte für die Durchfahrt länger warten müssen aber ich habe mich entschieden zurück zu fahren. So fiel mein Spaziergang nach Loutro der Baustelle zum Opfer.

Tag 53 – 10.05.2023

Gemütlich frühstücken am Pool und dann geht‘s auf zur Imbros Schlucht. Die Bergwelt von Südwest Kreta bietet unzählige Schluchten; da hat man schon die Qual der Wahl. Wir parken unser Auto am unteren Ende der Schlucht und lassen uns zum oberen Einstieg fahren. Im Nu sind wir mitten drin in der wundervollen Bergwelt. Kurz nach Beginn unserer Wanderung kündigt Glockengebimmel von hinten eine Schafherde an und während sie uns überholen, sind wir umzingelt von Schafen. Noch klischeehafter kann es gar nicht werden.

Die knapp 6 Kilometer und knapp 600 Höhenmeter gehen nie abrupt sondern angenehm leicht bergab. Über unsere Wanderschuhe freuen wir uns trotzdem, da es doch immer mal wieder Geröll und grosse Steine zu meistern gibt. Obwohl die Imbros Schlucht die zweitbekannteste Schlucht Kretas ist, laufen wir immer mal wieder ganz allein in dieser wilden und abwechslungsreichen Landschaft. Die Schlucht ist mal breiter und wird dann immer mal wieder enger. Gerade die engen Stellen sind schöne Fotomotive. Doch auch das satte Grün die Felswände hinauf mit Blume, Kräutern und wind-gezwirbelten Bäumen hat auch seinen Charme. Am Ende sagen wir beide: Oh, wie schön war diese Wanderung.

Tag 54 – 11.05.2023

Wir verabschieden uns von Frangokastello. Es war offensichtlich, dass noch Vorsaison ist; wir waren fast die einzigen Gäste. Die Gespräche mit unserem Gastgeber Adonis, seine Katzen Kitchos und Mitchos und die Taverne Oasis mit der Stoffkünstlerin Katharina werden wir in guter Erinnerung behalten. Heute haben wir ca. 200 km und über 4700 Höhenmeter vor uns – also eine regelrechte Berg- und Talfahrt. Luftlinie liegen Frangokastello und Paleochora ca. 70 km auseinander. Doch da das Bergmassiv Lefka Ori (weisse Berge) dazwischen liegt, müssen wir um das Gebirge herum fahren. Zuerst geht es auf der uns bereits bekannten Strecke zur Imbros Schlucht und dann folgen wir der Strasse. Wir durchqueren die Askifou Ebene und dann geht‘s hinunter an die Nordküste westlich von Georgioupoli. Auf kleinen Strässchen und an endlos vielen Olivenbäumen vorbei steigt die Strasse westlich des Gebirges langsam wieder an.

Ungefähr ab Therisso geht es wieder steiler bergauf und die Landschaft sieht wie in den Schweizer Bergen aus. Wie durchfahren Zourva, Meskla und Lakki. Die ganze Gegend ist berühmt für ihre Widerstandskämpfer in den vergangenen Jahrhunderte und überall gibt es Denkmäler für berühmte Personen – das 3-Männer-Denkmal in Lakki hat dann noch einen 4. Mann dazu bekommen.

Und dann entgeht uns sozusagen der schönste Teil unserer Tour. Denn kurz vor dem Pass, der hinunter in die Omalos Ebene führt, sind wir komplett in den Wolken und die Sicht ist sozusagen Null. Auf der Ebene selber haben wir hier und da ein klitzekleines Sichtfenster und sehen mindestens, was uns entgeht. Es ist mal wieder wunderschön. Die Ebene speichert wie die Lassithi Ebene das Wasser im Karstgestein und ist deswegen sehr fruchtbar. Wir sehen z.B. herrlich blühende Kirschbäume, saftig grüne Wiesen mit Schafen und Ziegen und ringsherum die Felswände, die die Ebene zu einem Kessel machen.

Beim Herunterfahren Richtung Süden kommen wir auch am Einstieg der Samaria Schlucht vorbei. Das werden wir dann noch entscheiden, ob wir diese Wanderung morgen oder übermorgen ebenfalls machen werden. Über Agia Irnini, Rodovani und Temenia erreichen wir unsere nächste Unterkunft am Meer in Paleochora.

Tag 55 – 12.05.2023

Das erste was wir heute getan haben, war ein Wetter-Check von unserem Balkon, von dem wir auf den schönen Strand von Paleochora schauen können. Wolkenloser Himmel, nur der Wind ist noch immer nicht eingebrochen. Wir beschliessen einen Rundgang durch den Ort zu machen und uns dabei auch gleich für die morgige Wanderung durch die Samaria Schlucht anzumelden. Den Stadtrundgang gehen wir gemütlich an, und bevor wir noch einmal zurück in die Wohnung gehen, kaufen wir uns ein neues, wunderschönes Tavli (Backgammon) aus Olivenholz. Mit Freude stellen wir fest, dass der Wind sich etwas gelegt hat, so dass wir den schönen Strand nun doch noch geniessen können.

Tag 56 – 13.05.2023

Unser Bus zum Einstieg in die Samaria Schlucht fährt um 7 Uhr. Somit war früh aufstehen angesagt. Bei diesem wirklich tollem Wetter ist das aber kein Problem. Bevor wir los Wandern, schauen wir von oben erst mal hinunter in die Schlucht, und bei uns beiden macht sich ein gewisser Respekt vor dem bevorstehenden Abstieg breit. Immerhin sind es 1257 Höhenmeter und ca. 15 Kilometer bis zum Schluchtausgang. Genau genommen gibt es kein Zurück, denn unser Bus ist schon wieder weg. Auf geht’s! Auf den ersten 3 Km überwinden wir mehr als 600 Höhenmeter, es geht also saumässig runter und in die Knie. Danach brauchen wir erst einmal eine Pause und eine Stärkung. Ab dann ist der weitere Weg sehr unterschiedlich. Mal hoch mal runter, mal laufen wir auf grossen Steinen, dann wieder auf Kies, mal sind die Steine richtig griffig, dann sind die durch die vielen Wanderer richtig poliert. Landschaftlich ist die Samaria Schlucht ein Erlebnis, das man gesehen haben sollte. Je näher man dem Ende der Schlucht kommt, desto schöner und eindrücklicher wird es. Endlich in Agia Roumeli angekommen warten wir in einem gemütlichen Café mit Blick auf das Meer auf unser Schiff, das uns in einer eineinhalb Stündigen Küstenfahrt zurück nach Paleochora bringt. Es war ein toller Tag, aber wir sind beide ganz schön geschafft.

Tag 57 – 14.05.2023

Nachdem wir gestern beim Wandern gefordert waren, wollen der Landi und Harry heute zuerst einmal wieder eine echte Offroad-Herausforderung. Und so fahren wir kurz hinter Paleochora eine Strecke, auf welcher uns ausser 2 Wanderern und vielen Ziegen niemand begegnet. Ganz in der Ferne sehen wir zum ersten Mal den weiss schimmernden Strand von Elafonisi und die davor liegende Insel. Der Strand ist tatsächlich etwas Besonderes. Bei blauem Himmel und Sonnenschein würden die leuchtend blauen Farben des flachen Wassers und der weisse und rosaschimmernde Sand noch mehr nach Südsee aussehen. Doch auch mit dem heute etwas bedeckten Himmel zieht er Scharen von Ausflüglern an und begeistert.

Harry hat bei seiner Planung einen weiteren Strand entdeckt, der eine ganz andere Atmosphäre hat. Hier am Aspri Limni (Weisser See) Strand gibt es bizarre Felsen in der Bucht und man ist fast alleine. Kreta bietet Strände für jeden Geschmack. Das Kloster Chrysoskalitssa (Goldenes Treppchen) liegt ganz in der Nähe und ist unser nächstes Etappenziel: schöne Lage, nette Kirche, kleines Museum mit Ikonen und Gebrauchsgegenständen aus alten Zeiten. Auch hier gab es zur Zeit der türkischen Herrschaft eine Geheimschule. Und was hat es nun mit dem goldenen Treppchen auf sich? Tja, wer reinen Herzens ist, kann die goldene Stufe auf der Treppe sehen.

Noch ein kleines Stück fahren wir weiter an der Südwest Küste entlang, um uns dann wieder in die Berge hinauf- und hinunter an die Nordküste zu schlängeln. Kurz bevor es wieder ganz hinunter geht, halten wir in der Topolia Schlucht an. In den durchlöcherten Felsen entdecken wir die Agia Sophia Höhlenkirche. Und dann ist auch schon unser neuer Standort für die nächsten 3 Nächte am Strand von Kissamos erreicht. Wenn der bedeckte Himmel und der Wind nicht wären, würden wir schwimmen gehen. Mal schauen, ob wir den Konjunktiv morgen weglassen können.

Tag 58 – 15.05.2023

Wir fahren am Morgen zeitig los, weil wir noch nicht entschieden haben, ob wir eine Schifffahrt um das Cap Gramvousa zur Insel Gramvousa und dann zum Strand von Balos machen wollen. Die Schiffe fahren jedoch erst gegen 11 Uhr, somit entscheiden wir uns, mit dem Auto zur Balos Beach zu fahren. Der Parkplatz oberhalb des Strands ist noch beinahe leer. Wir packen unsere Badesachen und machen uns an den Abstieg. Der Weg runter ist nur 1.5 km aber immerhin 165 Höhenmeter. Schon nach wenigen hundert Metern blicken wir herunter auf die Bucht und staunen über die Südsee-Farbenpracht. Ansonsten können wir nicht viel berichten. Es ist ein entspannter Tag an einem der schönsten Strände auf Kreta und wir geniessen es in vollen Zügen. Doch etwas habe ich noch vergessen zu erwähnen: Die Zufahrt zum Parkplatz ist ein Piste, Landi-Terrain, breit und richtig holprig. Mein Grinsen beim Überholen der PKW’s auf dem Hin- und Rückweg wäre wahrscheinlich auch ein Bild wert gewesen.

Tag 59 – 16.05.2023

Nachdem wir wieder öfter auf nicht befestigten Strassen unterwegs waren, sieht der Landi aussen wieder richtig gepudert aus und auch innen herrscht Staubalarm. Aussen kümmert sich ein Profi um die Wäsche und innen putze ich den Staub selber weg. Für diese Aufgaben ist der Tag gerade richtig. Windiges, trübes Wetter motiviert nicht zum Schwimmen gehen, obwohl rund um Kissamos mit die schönsten Strände von Kreta liegen. Wetter hin, Wetter her, mache ich mich auf den Weg zum Strand von Falasarna. Manchmal wechselt das Wetter ja sehr schnell und wer weiss wie es in einer Stunde aussieht. Je näher ich meinem Ziel komme, desto heller wird es. Nur hält der Sonnenschein gerade mal knapp eine Stunde an.

Noch gebe ich nicht ganz auf. An einer schönen Bucht stelle ich mich ans Meer und lese ein paar Seiten, nur leider verschlechtert sich das Wetter. Schon bald fallen die ersten Tropfen und ich mache mich wieder auf den Rückweg.

Tag 60 – 17.05.2023

Auf nach Chania heisst es heute. Wären eigentlich nur 40 Kilometer; doch wer langsam und auf Umwegen reist, sieht etwas von der Welt. Nachdem wir die westliche Halbinsel des Golfs von Kissamos mit dem Balos Strand schon kennen gelernt haben, geht es nun auf die östliche Halbinsel Rodopou. Wir fahren fast bis zum äussersten Zipfel im Norden, was auch der nördlichste Punkt Kretas ist. Ein grosser Teil der Strecke ist Offroad. Somit sind wir in dieser grünen, mit bizarren Felsen gespickten, rauen Landschaft fast alleine. Besonders idyllisch ist der Strand Menies bei den Ruinen des Diktinna Heiligtums. 

Bevor wir die Halbinsel verlassen, besichtigen wir noch das Kloster Gonia in der Nähe von Kolimvari. Wieder einmal sehr schön am Meer gelegen, mit wunderschönen Ikonen und einem gut gemachten Film, der die Geschichte des Klosters erzählt.

Danach entfernen wir uns wieder ein wenig vom Wasser und sind stattdessen in einem Meer von Olivenbäumen. Halb Kreta und auch ein grosser Teil Griechenlands scheint von Olivenbäumen bedeckt zu sein. Wieviele mögen es wohl sein und vor allem wie viele Leute braucht es, um die Oliven alle zu ernten? Jedenfalls finden wir auch den Weg zum ältesten Olivenbaums (mehr als 2000 Jahre) im Westen von Kreta. Den ältesten der ganzen Insel haben wir ja bereits im Osten gesehen. 

Das letzte Stück fahren wir wieder an der Küste entlang und erleben eine der touristischsten Gegenden auf unserer bisherigen Kreta Rundreise. In den Orten reihen sich Hotel an Restaurant an Autoverleih an Souvenir Shop und wieder von vorne. Wäre uns in der Hochsaison definitiv zu voll. Der Glaros Strand und auch der Iguana Strand würden sehr zum Baden einladen, wenn der Wind nicht schon wieder so heftig wäre. Der westliche Strand ist dem Wind so stark ausgesetzt, dass er sozusagen leer ist.

Unsere Unterkunft in Chania ist – wie könnte es anders sein – direkt in der Altstadt. Als Unterkunft könnte es nicht besser gelegen sein, zum Parken natürlich wieder einmal eine Herausforderung. Doch das haben wir bei einem Glas Rosé auf unserem kleinen Balkon mit wunderbarem Blick auf den alten Hafen und den Leuchtturm schnell vergessen.

Tag 61 – 18.05.2023

Wir starten unseren Stadtrundgang direkt vor der Haustür am Venezianischen Hafen und spazieren am fast runden Becken entlang auf die andere Seite. Es sieht von allen Seiten schön aus: das blaue Wasser, der Leuchtturm, die von den Venezianern geprägte Architektur der Häuser, die an die türkische Zeit erinnernde Moschee ohne Minarett. Ein bunter Mix der Geschichte und Kulturen. Hinter der Hafenfestung, Fort Firkas, laufen wir gegen den Wind ein wenig am Meer entlang, um dann in das Gewirr der kleinen Gassen der Altstadtviertel Evraiki und Topana einzubiegen. Hier gibt es viele schöne Ecken zum Fotografieren. 

Wir überqueren die Einkaufsstrassen und sind im ehemaligen türkischen Viertel Splantzia. Wir gehen durch eine enge Gasse, wo ein Ledergeschäft neben dem anderen ist und fühlen uns an Marokko erinnert. Schon spannend wie nah beieinander hier ganz verschiedene Stadtatmosphären liegen. Auch einen Teil der Neustadt durchstreifen wir. Wir durchqueren einen kleinen Stadtpark, gehen am Stadion vorbei, orientieren uns dann wieder Richtung Meer und spazieren am Wasser entlang Richtung Hafen. 

Nun von Osten her kommend erreichen wir den Fischer- und Yachthafen, der in den venezianischen Hafen übergeht. Beeindruckend sind hier die alten Arsenale. Zum grossen Teil werden sie heute von Restaurants und Bars genutzt. Wir laufen die Hafenmole entlang zum Leuchtturm und sind überrascht wie lang es sich hinzieht. Doch das stört gar nicht, denn die Ausblicke auf das Meer, den Hafen, die Stadt und die Berge Kretas im Hintergrund bieten beste Unterhaltung. Auch der Leuchtturm ist ein Erbe der Venezianer. Er wurde im 16. Jahrhundert erbaut und soll der älteste Leuchtturm Griechenlands sein. 

Noch einmal streifen wir durch die Gassen bis hin zur Kathedrale von Chania. Im warmen Abendlicht und dem blauen Himmel wirkt die Kirche toll. Und auch im Innern erstrahlt sie richtig. Damit beenden wir unseren Rundgang und sind angetan von der Vielfalt die wir heute erlaufen haben.

Tag 62 – 19.05.2023

Wie fahren aus Chania hinaus Richtung Osten und geniessen bei den Grabstätten von Eleftherios Venizelos und seinem Sohn das Panorama auf Chania. Er war massgeblich an der Wiedervereinigung von Kreta mit Griechenland 1913 beteiligt und hat auch als Premierminister von Griechenland viel Beachtliches geleistet, so dass in vielen Städten Strassen und Plätze nach ihm benannt sind. 

Auf der Akrotiri Halbinsel besuchen wir das Kloster Agia Triada. Mit besonders viel Aufmerksamkeit ist hier der Innenhof rund um die Kirche bepflanzt. Überall blühen Blumen in den verschiedensten Farben. Unter den Orangenbäumen hat es einen, der speziell ist; ausser Orangen, gibt es noch Mandarinen und Limonen am selben Baum. Sowohl im Museum als auch in der Kirche sind wir wieder einmal von den Ikonen und Kunstwerken aus Holz und Silber beeindruckt.

Dank eines Tips aus der Verwandtschaft geniessen wir den Nachmittag am Strand von Marathi. Und hier passiert sozusagen ein Wunder: Harry geht zum ersten Mal so richtig ins Meer. Wenig Wind und die warme Lufttemperatur lassen ihn die frische Wassertemperatur fasst vergessen. Zurück in Chania geniessen wir im Restaurant Palazzo ein phantastisches Abendessen mit perfektem Blick auf den Hafen. Harry ist so begeistert von seinem Pasta-Gericht, dass es auf Platz 1 seiner persönlichen Hitliste landet. Und jetzt sitzen wir auf unserem kleinen Balkon wieder mit perfektem Blick auf den Hafen, sehen wie es langsam dunkel wird und haben die besten Plätze, um den melancholischen Rembetiko Liedern des Strassenmusikers unten auf dem Platz zu lauschen.

Und jetzt sitzen wir auf unserem kleinen Balkon wieder mit perfektem Blick auf den Hafen, sehen wie es langsam dunkel wird und haben die besten Plätze, um den melancholischen Rembetiko Liedern des Strassenmusikers unten auf dem Platz zu lauschen.

Tag 63 – 20.05.2023

Wir verlassen das wunderbare Chania und machen uns auf den Weg nach Rethymnio. Unser erster Halt führt uns zur antiken Stadt Aptera. Doch die alten Steine lassen wir links liegen – haben wir nun doch schon zu viele von gesehen. Was jedoch phantastisch ist, ist der Ausblick über die Souda Bucht.

Zurück an der Küste fahren wir durch einige kleine Badeorte und trinken einen griechischen Kaffee „metrio“ am Strand von Almyrida. So richtig zum Baden lädt das Wetter heute jedoch nicht ein – der Himmel ist grau bedeckt. Weiter führt uns die Route kreuz und quer über die Halbinsel Drapanos; benannt nach dem 527 m hohen Berg, der wie ein grosser Klotz in der Mitte sitzt. Wir fahren durch kleine Dörfer mit einem Mix von Häusern der alles bietet: von verfallen über schön restauriert bis Luxus-Villa-Neubau. Es gibt kleine Buchten zu entdecken und dann wieder Felder und sogar ein wenig Wald. Spektakulär wird es dann auf der Harry-Spezial-Strecke: 2 km fast senkrecht den Berg runter schlängeln, um zu einer Bucht zu kommen, zu der andere mit dem Boot hinfahren. 

Nach der Halbinsel steuern wir Georgioupolis an, laufen zur kleinen Kirche hinaus und zählen die Fischerboote, die an der Mündung des Flusses Almiros angelegt haben. Als wir am Strand noch etwas trinken, stellt sich beim Telefonat mit Mama und Papa heraus, dass wir in genau dem Hotel sind, in welchem sie vor ein paar Jahren ihre Ferien verbracht haben – Zufälle gibt‘s. 

Unsere Unterkunft in Rethymno ist schnell gefunden – mitten in der Altstadt natürlich. Wenn man durch die Gassen geht, dann spürt man den Einfluss aus der türkischen Zeit hier mehr. Von unserer Terrasse aus blicken wir über die Dächer zur Festung hinüber, sehen 2 Minarette und andere Kirchtürme. Mal schauen, ob wir bei unserem Stadtrundgang, der für morgen oder übermorgen auf dem Programm steht, noch etwas Neues entdecken werden.

Tag 64 – 21.05.2023

Der Himmel sieht immer noch grau aus – wo bleibt nur der kretische Sonnenschein? Wir machen uns trotzdem auf den Weg zum circa 20 Kilometer entfernten Kloster Arkadi. Der Parkplatz ist gut gefüllt, als wir ankommen. Scheint für Einheimische ein beliebter Ort für die Sonntagsmesse zu sein. Geschichtsträchtig sind ja die meisten Klöster, doch für Kreter ist Arkadi DAS Kloster. Wie kein anderes steht es für den Drang nach Freiheit. Die grösste Tragödie ereignete sich im Jahr 1866. Da der damalige Abt des Klosters der Anführer der Freiheitskämpfer in der Region war, schickte der Pascha von Rethymno seine Truppen los. Der Kampf war verlustreich auf beiden Seiten. Doch als für die Kreter klar war, dass sie keine Chance gegen die Übermacht der Truppen haben, beschliesst die letzte Gruppe bestehend aus Abt, Bürgermeister, Männern, Frauen und Kindern, sich im Pulvermagazin umzubringen. Das sorgte international schon für Aufsehen. Doch es sollte noch weitere 31 Jahre dauern, bis das osmanische Reich Kreta unter dem Druck der internationalen Grossmächte frei gab. Als wir auf das Tor zugehen, fällt der alte Mercedes mit silber-goldenem Nummernschild und byzantinischem Adler auf – muss ein Kirchen VIP anwesend sein. Beim Betreten der Klosterkirche ist der Gottesdienst fast zu Ende. Mehrere Priester und der Bischof sind dabei, das Brot an die Anwesenden zu verteilen. Sieht schon nach mehr als einer gewöhnlichen Sonntagsmesse aus; vor allem weil sich auch alle „Χρόνια πολλά“ wünschen. Von einer Frau erfahre ich, dass heute der Gedenktag für den heiligen Konstantin und seine Mutter Helena gefeiert wird. Beim Betrachten der Ikonen in der Kirche sehen wir, dass der heilige Konstantin einer der Kirchenpatrone ist. Nach der Messe wird es schnell leerer und es bleiben nur noch die Touristen übrig. Nicht nur die Klosterkirche auch der Rest vom Kloster gefällt uns sehr gut.

Die weitere Fahrt durch das Ida Gebirge wäre bei Sonnenschein sicher schöner. Doch auch so beeindrucken die Gipfel des zentralen Gebirges und die tiefen Schluchten, die die ganze Insel durchziehen. In einer der Schluchten machen wir einen kurzen Spaziergang zur Kapelle des Heiligen Antonius. Im Wald an einem Bach gelegen und in eine Felsenhöhle hineingebaut sind wir hier – nach dem Trubel zuvor – wieder fast alleine. Am Stausee von Potamon gibt es noch eine kleine Erfrischung und dann geht es zurück nach Rethymno.

Tag 65 – 22.05.2023

Gestern waren Wahlen in Griechenland. Allzu viel haben wir davon nicht mitbekommen: Ein paar Wahllokale haben wir gesehen, wenig Plakate im Vorfeld und in Paleochora haben wir einen Spaziergang von Lokalpolitikern der sozialdemokratischen Partei PASOK gesehen, die das Gespräch mit der Bevölkerung suchten. Der Wirt des Restaurants, in dem wir damals sassen, hat uns ziemlich exakt vorher gesagt, was passieren wird. Die regierende konservative Nea Demokratia wird die meisten Stimmen erhalten; allerdings nicht genügend, um alleine regieren zu können (da der Bonus von 50 Stimmen durch eine Änderung des Wahlrechts abgeschafft wurde). Auf Platz 2 wird die linke Partei Syriza liegen und die PASOK auf Platz 3. Da Koalitionen ein schwieriges Thema in Griechenland sind – wo nicht? – wird es zu Neuwahlen im Sommer, also mitten in der Hochsaison kommen. Tja, ist gestern genauso eingetroffen. Eventuell klappt es mit den Neuwahlen bereits im Juni.

Heute wollen wir Rethymno erkunden. Auf unserem Stadtrundgang gehen wir zuerst einmal nach Westen bis zum Meer. Wir laufen um den Fels, auf dem die Festung gebaut ist, herum und auf die Festung hinauf. Die Festung ist ein imposantes Bauwerk aus venezianischer Zeit. Sie war so ausgelegt, dass die gesamte Stadtbevölkerung bei Angriffen von Piraten oder Türken dort Platz haben sollte. Das mit dem Platz hat zwar geklappt. Doch Baumängel haben dazu geführt, dass sie relativ leicht einnehmend war. Aus der türkischen Zeit ist die Moschee – ohne Turm – noch erhalten. 

Nach dem Besuch der Fortezza geht es wieder hinunter in die Altstadt und Richtung Hafen. Einen Teil der Altstadt haben wir schon auf unseren Wegen zum Abendessen gesehen. Was nun neu für uns ist, ist der Hafen selbst. Schön sieht er aus. Im vorderen Teil, der an die Altstadt angrenzt, sind die kleinen Fischerboote festgemacht und hier steht auch ein schöner schlanker Leuchtturm. Im hinteren Teil befindet sich der Yachthafen. Dort beginnt auch der Strand, der sich scheinbar noch ziemlich weit Richtung Osten hinzieht. Auch wenn die Wettervorhersage Gottseidank nicht eingetroffen ist und tatsächlich die Sonne scheint, Baden steht heute nicht auf dem Programm.

Stattdessen führen wir unseren Stadtrundgang fort und entdecken in den Altstadtgassen den Architekturmix der verschiedenen Epochen: venezianisch, türkisch, griechisch. Gemessen an der Anzahl Souvenier- und Kleidergeschäfte muss Rethymo im Sommer ziemlich voll sein; aktuell nur etwas mehr als wir aus den vergangenen Wochen gewohnt sind.

 Ausklingen lassen wir den Nachmittag – tatsächlich bei Sonnenschein – auf unserer Terrasse mit Blick auf die Fortezza. Später wollen wir noch an ein Konzert in der Moschee Nerantze, die heute nur noch für kulturelle Zwecke verwendet wird. Mal schauen, was uns da erwartet.

Tag 66 – 23.05.2023

Als wir Rethymno Richtung Ida Gebirge verlassen, müssen wir feststellen, dass die Wolken dort so richtig tief hängen. Sollen wir unsere Route nochmals ändern und am Meer entlang fahren? Das erste Ziel ist eine Höhle; da können wir ja trotzdem mal hinfahren. Und es hat sich gelohnt: eine schöne Tropfsteinhöhle in der Nähe von Melidoni. In dem Teil, den man besichtigen kann, kommt man sich wie in einer riesigen Kathedrale vor. Auch hier hat sich in der Zeit der Befreiungskämpfe ein Drama abgespielt, woran das Kreuz erinnert.

Wir fahren weiter durch die Berge und so langsam wird die Sicht etwas besser. Als wir das abseits und versteckt liegende Kloster Timios Stavros Vosakos erreichen, scheint sogar die Sonne. In den letzten 20 Jahren wurde das verfallen Kloster wiederaufgebaut und renoviert. Uns präsentiert es sich wie eine blühende Oase der Ruhe. Einer der drei Mönche ist anwesend und wir können uns sogar auf Deutsch mit ihm unterhalten

Auf der Weiterfahrt beeindruckt uns das Bergpanorama wieder einmal; insbesondere der Abschnitt, auf welchem wir auf kurvenreicher Strasse wieder Richtung Meer fahren. Wir schauen uns die 3 Buchten Agia Pelagia, Ligaria und Made an, was aufgrund der Topographie gar nicht so einfach ist. Die 3 Buchten sind durch steile Landzungen getrennt, so dass man jeweils wieder den steilen Hang zur Hauptstrasse hinauf fahren muss, um zur nächsten zu kommen. So schön die Buchten sind, einen längeren Ferienaufenthalt können wir uns hier nicht vorstellen. Doch für eine Erfrischung in einem der Strandrestaurants ist es ideal.

Schon von weit sehen wir das Häusermeer Iraklions und beim Durchfahren der Aussenbezirke ist klar, dass es sich um eine Grossstadt handelt mit Industrie und Gewerbe und einem riesigen Stadion. 170‘000 Einwohner hat die Stadt d.h. fast jeder 4. Bewohner Kretas lebt hier. Verkehr hat es auch entsprechend und da unsere Wohnung in einem zentrumsnahen Wohnquartier ist, erleben wir die Probleme der Bewohner was das Fahren in den engen Strassen und das Parken angeht live. Nachdem wir unsere Wohnung im 4. Stock – ohne Aufzug – bezogen haben und die Aussicht auf das chaotische Häusermeer begutachtet haben, machen wir uns auf den Weg zum einem der Restaurants auf der Empfehlungsliste unserer Gastgeber. Wir werden in dem Restaurant Vourvouladikon – abseits der üblichen Touristenwege – nicht enttäuscht und haben einen gemütlichen Abend mit gutem Essen.

Tag 67 – 24.05.2023

Unsere Wohnung liegt dieses Mal wenige hundert Meter südlich des Zentrums von Iraklion. So laufen wir quasi durch die Vorstadt, die durchschnitten ist von vielen schmalen Strässchen, die Häuser sind meist hoch, 4- oder gar 5-stöckig und oft in schlechtem Zustand. Jeder freie Quadratmeter wird zum Parken von Velos, Rollern, Motorrädern oder Autos verwendet. Immer wieder müssen wir zwischen den geparkten Fahrzeugen von der Strasse um den Vorbeifahrenden Platz zu machen. Endlich erreichen wir die Fussgängerzone die am Kornarou-Platz beginnt und stehen vor dem Bembo-Brunnen der heute trocken ist.

Am Ekaterini Platz stehen drei Kirchen. Die Kathedrale Agios Minas, die kleine Agios Minas Kirche und die Agia Ekaterini von Sinai die als Kunstmuseum genutzt wird. Die Kathedrale Agios Minas ist Bischofssitz und ist die grösste Kirche auf Kreta.

Am venezianischen Platz mit dem berühmten Morosini-Brunnen (Löwenbrunnen) machen wir Halt und stärken uns und mit griechischem Kaffee und Alexandra geniesst ein leckeres Bougatsa. Wasser zu beschaffen war immer eines der grössten Probleme der Stadt. 1628 liess der Stadthalter Francesco Morosini einen 15 km Aquädukt in die Stadt bauen, Endstück war dieser Brunnen. Seit seiner Erstellung wurde er mehrmals zerstört, wieder aufgebaut und erweitert. Zum Anlasse der Olympischen Spiele 2004 wurde die ursprüngliche venezianische Gestaltung wiederhergestellt.

Die venezianische Loggia ist vom Morosini-Brunnen aus bereits zu sehen. Sie diente als Empfangshalle und Repräsentationsbau der Stadtregierung, war ausserdem als „Clubhaus“ und Ballsaal der venezianischen Adeligen ein Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens der städtischen Oberschicht. Bis zur schlichten romanischen Kirche Agios Markos sind es nur ein paar Meter. Von den Türken wurde sie zeitweise als Moschee genutzt heute dient sie zeitgenössischen Ausstellungen.

Der prächtige Sakralbau der Kirche Agios Titos steht an einem freien Platz unterhalb der Loggia. Die Kuppel und die orientalisch anmutenden Feinarbeiten an der Aussenfassade erhielt sie im 19. Jh. von den Türken. Der Ursprung der Kirche geht jedoch zurück bis ins erste Jh. n. Chr.

Um an den venezianischen Hafen zu kommen, muss man sich noch einmal kurz durch den lärmigen Verkehr kämpfen. Einmal angekommen versinkt der Lärm wieder zu Hintergrundrauschen. Das Kastro Koules ist der Blickfang hier am Hafen. Reingegangen sind wir nicht, es war gerade ein Ansturm von Gruppenreisenden auf die Festung. Schaut man landeinwärts fallen die mächtigen, fast turmhohen Lagerhallen auf.

Auf einem grösseren Umweg gehen wir zum Eleftherios-Platz der mehr gross als schön ist. Gleich angrenzend befindet sich das archäologische Nationalmuseum. Hier finden wir eine wahnsinns Anzahl von wunderbaren Exponaten von der Jungsteinzeit bis zur römischen Besetzung, Schwerpunkt sind aber die Minoer. Vom Diskos von Festos bis zur Schlangengöttin, vom Stierkopf bis zum Sarkophag von Agia Triada sowie die Wandfresken aus dem Palast von Knossos ist hier alles zu finden. Überwältigend!

Tag 68 – 25.05.2023

Heute ist Alexandras Arbeitstag und Harrys Reiseruhetag.

Tag 69 – 26.05.2023

Wir geniessen auch an unserem letzten Tag auf Kreta unser Frühstück auf der tollen Terrasse. Die Wohnung war sehr komfortabel. Unsere Gastgeber haben wir zwar nicht gesehen, doch mit kleinen Aufmerksamkeiten haben sie uns immer wieder überrascht. Auf nach Knossos heisst es nun. Die 6 Kilometer zur zweitteuersten Sehenswürdigkeit Griechenlands – nach der Akropolis – sind schnell erledigt. Dank Kombiticket, das wir im Archäologischen Museum gekauft haben, müssen wir nicht Schlange stehen und betreten den Palast von der Westseite. Spannend ist die Geschichte zur Entdeckung. Auch wenn es im 19. Jahrhundert bereits Funde von griechischen Einwohnern gab, so haben diese nicht zu grösseren Ausgrabungen geführt. Es brauchte erst den reichen, britischen Hobby-Archäologen Sir Arthur Evans. Siegel, die er in Athen gekauft hat, bringen ihn nach Kreta und dort setzt er das Rätselspiel fort und macht schlussendlich eine der grössten Entdeckungen über die minoische Kultur. Die Vorpalastzeit ist 2600 – 2000 v. Chr. und die jüngere Palastzeit, die als Blütezeit der Kultur bezeichnet wird, ist 1700 – 1450 v. Chr. Was genau die gleichzeitige Zerstörung aller minoschen Paläste 1450 verursacht hat und damit zum Untergang der minoischen Kultur ist bis heute ein Rätsel. Geschichtszahlen sind mir ja sonst nicht so wichtig. Doch zu sehen, welches Wissen, Handwerk und Kunstfertigkeiten bereits vor über 3000 Jahren vorhanden waren, ist sehr, sehr beeindruckend! Zurück zu Evans: Archäologen bezeichnen Knossos als Archäologie Disneyland. Und es ist offensichtlich warum: Evans hat bei den Ausgrabungen mutig seiner Phantasie freien Lauf gelassen und einzelne Teile des Palasts wieder aufgebaut. Das hilft zwar, sich die Grösse und Pracht des Palastes besser vorstellen zu können, doch emotional packt es uns nicht so sehr. Da haben uns die Funde im Museum mehr berührt.

Im nahe gelegenen Skalani essen wir gut im Restaurant „Elia und Diosmos“. Hier sind wir nun im grössten Weinbaugebiet Kretas. Da wir auf unserer Kreta Rundreise nicht so viele Reben gesehen haben, habe ich mich schon gefragt, wo der ganze Wein her kommt. Wir haben übrigens festgestellt, dass es viele griechische Rebsorten gibt, die uns bisher unbekannt waren. Da wir erst um 18:00 Uhr auf die Fähre nach Piräus können, fahren wir durch Reben und dann Olivenhaine Richtung Meer. Um 21:00 Uhr laufen wir aus und damit schliesst sich ein weiteres Kapitel unserer Griechenlandreise.

Tag 70 – 27.05.2023

Aufwachen tun wir im Saronischen Golf. Der ist einfach schön – jetzt bei Sonnenaufgang sowieso. Ruckzuck sind wir wieder auf dem griechischen Festland und fahren der Küste entlang Richtung Kap Sounion. Gerne würden wir an der Riviera Attikas mit Blick aufs Meer frühstücken. Sollte ja nicht so schwer sein. Doch morgens um 07:30 Uhr sind die Cafés am Meer noch geschlossen. Mal schauen, ob wir in einem Hotel frühstücken können. Treffsicher haben wir hinter Glyfada wahrscheinlich das teuerste Hotel der Küste gefunden. Eine Nacht im „billigsten“ Zimmer mit Meerblick für € 1700 wollen wir uns im Four Seasons nicht leisten; doch ein Frühstück für uns beide für € 45 – warum nicht. Wir hätten es nicht besser treffen können. So früh sind wir fast alleine auf der Terrasse mit herrlichem Blick aufs Meer und einem 1A Frühstück. Ein schönes Erlebnis. Weiter der Küste entlang reiht sich eine schöne Bucht an der anderen wie an einer Perlenkette. Die Yachthäfen sind voll belegt. Und dann kommen wir noch am grössten Bootsparkplatz vorbei, den wir je gesehen haben. Wenn die auch alle im Wasser sind, dann wird es voll im Saronischen Golf. 

Gegen Mittag kommen wir in unserer Unterkunft an: einfach – doch mit Blick auf den Poseidon Tempel am Kap Sunion. Da es warm und sonnig ist (extrem windig allerdings auch), entscheiden wir, den Nachmittag am Strand zu verbringen. Soviel Strandtage hatten wir auf unserer Reise ja nicht. Baden mit Blick auf den Tempel – auch das wieder etwas Besonderes. Im Laufe des Nachmittags kommen immer mehr Boote in die Bucht – Kap Sunion ist schon ein Magnet.

Wir zahlen um 19:00 Uhr dann auch die happigen € 10 Eintritt, um den Sonnenuntergang am Kap Sounion zu erleben. Würde auch ausserhalb des Tempelgeländes gehen – aber wenn schon denn schon. Der Tempel selbst ist nicht direkt zugänglich. Über die Jahrhunderte hat es zu viele Besucherspuren gegeben. So hat auch der britische Schriftsteller Lord Byron von Sounion geschwärmt und seinen Namen in eine Säule geritzt. Wir haben richtig Glück – ein Sonnenuntergang vom Feinsten. Das kosten wir – wie viele anderen – bis zum Schluss um 20:30 Uhr aus.

Tag 71 – 28.05.2023

Wir haben einen Autobahntag vor uns; 387 Kilometer sind es bis zu unserer nächsten Unterkunft auf der Halbinsel Pilio. Zufällig? fällt der Tag auf einen Sonntag. Das ist ideal. So müssen wir nicht noch einmal den Stau in Athen erleben und es sind keine LKWs unterwegs. So unspektakulär wie ich die Landschaft zwischen Athen und Thessaloniki aus meiner Kindheit in Erinnerung habe, ist sie auch heute noch. Da stören auch die Regentropfen nicht. Hauptsache wir haben morgen wieder schönes Wetter. Könnte man auch umfahren – doch Harry fährt mitten durch Volos. Auch hier geht‘s mit dem Verkehr. In der Hafenstadt mit circa 170‘000 Einwohnern ist werktags sicher mehr los. Bis auf die lange Hafenpromenade, wo irgendwo auch das Denkmal mit dem Schiff der Argonauten steht, ist auch Volos unspektakulär. Kala Nera (Gute Wasser), wo unsere nächste Unterkunft ist, ist nur 20 Kilometer entfernt. Zwischen Meer und unserem Häuschen ist nur ein Strässchen. Ein paar Schritte die Strasse hinunter ist die Gastro-Meile: Restaurant, neben Café, neben Bar und wieder von vorne. Im Sommer sicher sehr voll und laut; doch jetzt sehr angenehm und praktisch. In der Taverne Nirvana essen wir schon fast mit den Füssen im Sand mit netter Bedienung. Und siehe da: Die Sonen lässt sich auch noch blicken und wir haben die perfekte Aussicht auf den Pegasitischen Golf mit den Bergketten ringsum und dem kleinen Inselchen, das wir die Tage vielleicht auch noch besuchen werden.

Tag 72 – 29.05.2023

Das Wetter sieht bescheiden aus; die grauen Wolken drücken sich über die Pilio Berge in den Golf hinunter und lassen sogar ein paar Tropfen fallen. Auch in der Nacht hat es geregnet. Wir starten unsere Tour trotzdem und vertrauen mal auf den Wetterbericht, der besseres Wetter für den Nachmittag vorher sagt. Die Strecke am Pagasitischen Golf (wird auch Golf von Volos genannt) entlang ist jedenfalls wunderschön – rechts eine Symphonie von Blautönen und links eine Symphonie von Grüntönen. Wir kommen durch kleine Küstendörfer und an herrlichen Buchten, in denen man bei schönem Wetter ganz alleine baden könnte, vorbei. Die Grüntöne an den Hängen der Berge kommen von Olivenbäumen, Nadelbäumen, kräftig-grünen Wiesen. Und mitten drin an den steilen Hängen gibt es typische Bergdörfer. In einem der Dörfer, Afetes, halten wir an und gehen zur von Bäumen umstandenen Platia mit dem Zentauer in der Mitte des Platzes. Pilio soll die Heimat dieser mythischen Wesen (halb Mensch, halb Pferd) gewesen sein.

Unser Ziel Alogoporos ist in nach weiteren Kurven und schönen Buchten am Mittag dann auch erreicht. Dort nehmen wir ein Taxi-Boot hinüber zur kleinen Insel Palaio Trikeri. Gerade mal 59 Einwohner hatte sie bei der letzten Volkszählung 2011 – jetzt eher weniger als mehr und Autos gar keine. Auf unserer kleinen Wanderung über die Insel haben wir daher ein ruhiges Rendezvous mit der Natur.

Mittlerweile ist das Wetter nicht nur besser sondern richtig sonnig. So geniessen wir die Rückfahrt, die zum Teil auf der östlichen Seite der Halbinsel entlang geht, umso mehr. Richtig spannend wird es im malerischen Küstenort Agia Kyriaki. Da geht es um eine richtig enge Ecke und durch Strässchen hindurch, die für die Breite von Eselskarren und nicht für Autos gebaut wurden. Doch für Landi und Fahrer ist auch das kein Hindernis. Nett gelotst von einem Tavernenwirt kommen wir ums scharfe Eck und beobachten dort bei einer Erfrischung das geruhsame Leben in diesem abgelegenen Teil Griechenlands. Zurück in Kala Nera essen wir wieder direkt am Meer zu Abend. Wir stellen fest, dass es einer der wenigen Abende auf unserer Reise ist, den man als lauschigen Sommerabend bezeichnen kann, da wir uns nicht vor Wind und kühlen Temperaturen mit Jacken bewaffnen müssen.

Tag 73 – 30.05.2023

Die letzten beiden Tage in Kala Nera sind Wetter technisch gleich verlaufen. Am Morgen sind die Inseln in der Bucht kaum auszumachen, gegen Mittag wird schöner und am Abend ist es prächtig warm und sonnig bei klarem blauen Himmel. Heute fahre ich alleine los, Alexandra darf arbeiten. Kaum bin ich aus dem Ort raus, giesst es in strömen. Ich will an die Ostseite von Pilio und muss zuerst mal kräftig hoch, bis auf 1200m. Auf der Höhe wird’s dann auch etwas neblig – hat super gut zum Wegweiser ins Skigebiet gepasst.

Da will ich bestimmt nicht hin. Ich will mir die Strände an der Ostküste der Halbinsel anschauen aber bis hinunter an den ersten Strand (Strand von Horefto) muss ich noch gefühlte 1000 Kurven fahren, das Wetter hier ist dafür sonnig und warm. Von Weitem glaubt man auf Sandstrände zu schauen, ist man unten, sieht man weissen Kies, sieht toll aus. An der Küste entlang gibt es keine Strasse. Alles sind Stichstrassen, schmal, sau steil und teilweise eng.

Ich habe für heute genug Kurven und steile Strassen gesehen und mache mich auf den Rückweg. Noch einmal ein paar Blicke runter an die Küste und dann wieder über die Berge zurück nach Kala Nera, wo es, wie erwartet, wieder sehr schön geworden ist.

Tag 74 – 31.05.2023

Gestern Arbeitstag – heute Badetag. Bei unserem kleinen Häuschen direkt am Meer gibt es keinen Swimmingpool. Doch die nette Vermieterin hat uns angeboten, dass wir den Swimmingpool einer Villa, die gerade nicht bewohnt wird, nutzen. So fahren wir 4 Kilometer weiter nach Ano Gatzea. Es ist eines dieser typischen Bergdörfchen hier auf Pilio mit alten Steinhäusern, die mit grünlichen Steinplatten gedeckt sind. Die Villa Thalia ist auch in dem Stil – perfekt restauriert. Vom Pool aus hat man eine geniale Aussicht bis hinunter zum Meer. Wir rechnen damit, dass das Ende unseres gemütlichen Badetags durch Regen eingeläutet wird. Die Wolken schieben sich wieder einmal dick und grau über die Berge. Doch wer hätte das gedacht: Die Sonne siegt.

Wir lassen es uns mit feinem Lazaridi Rosé Wein und Pita gutgehen. Zum Schluss können wir noch den Schwalben zuschauen, die uns eine Flugshow bieten. Im Tiefflug kommen sie über den Pool, um Wasser zu trinken. Das war endlich einmal ein richtig schöner Sommer-Badetag.

Auf dem Rückweg vom Abendessen nehmen wir Abschied von Kala Nera, morgen geht es weiter in Richtung Norden nach Edessa. Damit verabschieden wir uns auch sozusagen vom griechischen Meer. Erst in Igoumenitsa, wo wir auf die Fähre nach Ancona gehen, hätten wir noch einmal ein paar Stunden Zeit zu baden.

Tag 75 – 01.06.2023

Und schon wieder ein Abschied: Dieses Mal von der Ägäis. An Volos vorbei geht es auf die Autobahn. Richtung Norden kommen wir an grossen Getreidefeldern vorbei – scheint die Kornkammer Griechenlands zu sein. Einen Halt legen wir zur Besichtigung der Festung von Platamonas ein. Eine Mauer mit richtig schönen Zinnen hat die Festung. Und der Ausblick ist auch sehr schön: Auf die eine Seite sieht man die Strände, die sich von hier aus weiter nach Norden bis Katerini ziehen, und auf der anderen Seite schaut man ins Olymp Gebirge. Doch die Wolken wollen den Blick auf die fast 3000-er Gipfel nicht frei geben. Die Götter scheinen alle ausser Haus zu sein und brauchen keinen Ausblick.

Nach Katerini nehmen wir die Autobahn Richtung Ioannina, müssen jedoch schon bald die Autobahn verlassen, um die letzten 60 Kilometer querfeldein nach Edessa zu fahren. Hier sind wir nun mitten im Obst- und Weingarten Griechenlands. Die Region ist bekannt für ihre Pfirsiche, Aprikosen, Organen und anderes Obst. An einem der bekanntesten Orte für guten Wein, Naoussa, kommen wir auch vorbei.

Bereits am frühen Nachmittag erreichen wir Edessa und fahren zuerst einmal zu den berühmten Wasserfällen. Da Edessa vor einer grossen Ebene etwas erhöht liegt, kann man den grossen Wasserfall bereits von weitem sehen. Ist natürlich nicht so gross wie der Rheinfall. Doch umgeben von saftigem Grün mit kleinen Fällen rechts und links ist es schon eine Attraktion. Auch hinter den Fall kann man gehen und den Wasserschleier von hinten fotografieren. Im Gegensatz zur Burg von heute morgen kann ich mich an die Wasserfälle noch sehr gut erinnern.

Unser Hotel ist gar nicht so weit entfernt. Genau wie die Wasserfälle ist es an der Felskante, so dass wir von unserem Balkon aus die weite grüne Ebene mit all den Obstbäumen überblicken können.

Tag 76 – 02.06.2023

Die Idee meines Vaters war es, das Grab meines Grossonkels Telemachos zu besuchen. Wir waren zwar skeptisch – schliesslich ist Edessa eine Kleinstadt mit rund 20‘000 Einwohnern und der Friedhof entsprechend gross. Doch nachdem wir die erste Person nach dem Grab der Familie gefragt haben, werden wir an 2 weitere Personen weiter gereicht. Und die nette Frau, die auf dem Friedhof arbeitet, nimmt sich uns an. Innerhalb von 3 Minuten weiss jeder der Anwesenden, wen wir suchen und auch das Grab ist schnell gefunden. Wie der Zufall so will, ist sogar jemand von der Familie am Grab. Auch wenn wir uns persönlich früher nie begegnet sind, verbinden die gemeinsamen Bekannten aus der Verwandtschaft und wir fallen uns in die Arme. Sie erklärt uns auch, warum heute soviel Leute und auch sie selbst auf dem Friedhof sind. Es ist ein besonderer Tag, an welchem der Toten gedacht wird. Am Morgen werden die Steinplatten der Gräber geputzt und mit Blumen geschmückt und am Abend gehen Priester über den Friedhof und segnen die einzelnen Gräber.

Wir fahren aus Edessa Richtung Norden durch den Kirschgarten Griechenlands. Wir haben noch nie so viele Kirschbäume auf einmal gesehen. Am idyllischen Vegoritida See schiessen wir ein paar Fotos. Beim Weiterfahren sagen wir dann immer mal wieder: Das könnte auch bei uns in der Schweiz sein. Es ist etwas hügelig und die Wiesen und Wälder sind saftig grün.

Am See Ampelia Amideou gehen wir dann unter die Hobby Ornithologen. Abseits der Strasse stehen wir sozusagen mitten im Schilf neben einer kleinen Kapelle und geniessen die Natur.

Und dann finden wir noch einen See, den wir mit unserem Landi auch problemlos ohne Asphalt fast umrunden können. Danach steigt die Strasse an und hoch oben von Klisoura aus, können wir fast die gesamte heutige Strecke überblicken. Auf der anderen Seite geht‘s wieder hinunter und dann an der Kreuzung, wo man rechts nur noch 40 Kilometer bis nach Albanien hat, fahren wir links Richtung Kastoria unserem heutigen Ziel. Auch Kastoria liegt idyllisch an einem See. Von unserer Wohnung blicken wir sogar direkt auf den See.

Tag 77 – 03.06.2023

Kastoria liegt auf einer Halbinsel im Orestiada See und zieht sich über die Landzunge ans Seeufer und dort den Hang hinauf. Wie malerisch schön das ist, entdecken wir auf unserer Wanderung. Von unserer Wohnung am südlichen Ufer aus durchqueren wir die Stadt und kommen ans nördliche Ufer.

Die Stadt ist bereits im 17. Jahrhundert durch den Pelzhandel zu Wohlstand gekommen. Bis heute zählt sie international zu den wichtigsten Städten, wenn es um das Kürschnerhandwerk, die Verarbeitung von Fellen zu Pelzen, geht. Überall in der Stadt gibt es Pelzgeschäfte. Vorbei an einigen der typischen alten Fachwerkhäuser und an einigen der über 70 Kirchen steigen wir den Berg hinauf, der in der Mitte der Halbinsel ist. Schweisstreibend ist es, da nicht nur die Anstrengung sondern auch das schwüle Gewitterwetter das Schwitzen fördern. Auf unserer Wanderung können wir den See auf alle Seiten von oben bewundern.

Wieder zurück am Seeufer auf der südlichen Seite entschliessen wir uns, den Abstecher zu einer Höhle und einer Kirche auszulassen, um nicht doch noch vom Gewitterregen überrascht zu werden. Doch wir haben Glück, bleiben vom Regen verschont und können an der Promenade vor unserer Wohnung noch gemütlich etwas trinken. 

Tag 78 – 04.06.2023

Gestern waren wir in Kastoria noch sehr gut essen. Es war nicht nur sehr gut zubereitet, sondern es waren sogar Portionen, die man wirklich schaffen kann. Ausserdem lag das Restaurant Kalenterimi an einem Platz in der Altstadt, um den herum viele von den typischen alten herrschaftlichen Kürschnerhäusern aus Stein und Holz waren. Ein herrlicher Abend.

Heute haben wir eine etwas längere Strecke von 240 Kilometer vor uns. Früh (09:25 Uhr) am Sonntag Morgen verlassen wir das noch ruhige Kastoria, das noch in Makedonien liegt, und sind schon nach weniger als einer halben Stunde Fahrt im Pindos Gebirge, das in Epirus liegt. Wir sehen die schneebedeckten Gipfel des nördlichen Gebirges und fahren durch saftig grüne Wiesen und Wälder. Das könnte definitiv auch bei uns in den Alpen sein. Wir entdecken in Eptachori, etwas ausserhalb vom Ort und dann nochmals in Dotsiko wunderschöne alte Steinbrücken. Die sind nicht nur funktional sondern regelrechte Kunstwerke aus dem späten 18. und 19. Jahrhundert. Die Kousioumbli Brücke hat eine Bogenöffnung von 14 Meter und eine Höhe von 8 Meter. Da es kein Geländer gibt, bekommt man schon fast Höhenangst.

Mehrmals sage ich: Das ist Natur pur. Denn uns begegnen nur wenige Autos und es gibt nur wenige Dörfer. Wir sehen immer mal wieder Schafherden, Kühe und sogar Pferde mitten auf der Strasse. Und keine 2 Minuten nachdem ich sage: „Wo sind denn nun die Bären?“, sehen wir tatsächlich auch einen Bären, der im dichten Wald über die Strasse läuft. Ich war leider so perplex, dass ich nicht schnell genug ein Foto machen konnte. Bärenstark war‘s trotzdem. Die weitere Fahr führt uns am Aoos See und an Mezovo vorbei und dann hinauf auf den Katara Pass. Da es mittlerweile einen Tunnel gibt, der unter dem Pass hindurch führt, sind wir auch hier bis auf einen Radfahrer alleine unterwegs. 

Auch wenn die ganze Fahrt schon ein phantastisches Naturerlebnis war, so sind die Meteora Felsen ein echtes Highlight. Man muss die Felsen mit eignen Augen sehen – sie haben definitiv etwas Magisches. Und natürlich können wir vom Garten unserer Wohnung in Kastraki auf die Felsen schauen. Wenn ich so hier am Fusse der Felsen sitze und schreibe, dann bin ich mir sicher, dass ich den Anblick und das Gefühl, so schnell nicht vergessen werde.

Tag 79 – 05.06.2023

Bereits der erste Kilometer Fahrt haut einen um. Wir haben sozusagen mitten im Steinwald angehalten und im wunderbaren Morgenlicht die ersten Klöster fotografiert. Was für eine perfekte Komposition von Natur- und Architekturwunder! Das löst so viele Gefühle aus, das kann man gar nicht beschreiben. 

Die Fakten sind: Die Entstehung der Felsen geht auf geologische Ereignisse vor 10 Mio. Jahre zurück. Nachdem bereits Eremiten im 9. Jahrhundert von der einzigartigen Landschaften zum spirituellen Leben in Einsamkeit inspiriert wurden, wurde im 12. Jahrhundert das erste Kloster Agios Stefanos gebaut. Der Mönch Athanássios Kinovitis gründete das grosse Metamorphosis Kloster im 14. Jahrhundert und auf ihn geht auch der Name Meteora zurück. Meteoros heisst „hoch schwebend“ und so scheinen die Klöster tatsächlich zwischen Himmel und Erde zu schweben. Von den über 20 Klöstern sind 6 heute noch von ein paar wenigen Mönchen oder Nonne bewohnt. Sehen tut man die jedoch nicht. Die Einzigartigkeit dieses UNESCO Weltkulturerbes führt dazu, dass Meteora mindestens so viel Anziehungskraft für Touristen hat wie die Akropolis. Da haben die Mönche nun Personal für die Eintrittskassen und Museumsläden und sich in Teile der Klöster zurück gezogen, in welchen sie vor uns Touristen sicher sind.

Wir starten mit dem grössten Kloster Metamorphosis und müssen sogar noch vor der Tür warten, bis sie um 09:30 Uhr auf geht. Die Ausblicke sind herrlich und die Malereien in der Kirche sowie die Kunstschätze im Museum beeindruckend. Wir sehen auf Kastraki hinunter und meinen sogar unser Häuschen zu sehen. 

Weiter geht‘s mit dem nahe liegenden Kloster Varlaam. Auch hier muss man sich den Klosterbesuch im Schweisse seines Angesichts erarbeiten – ohne Treppen runter und dann wieder hinauf steigen, geht hier gar nichts. Naja, besser als in einem Netz aus Seilen mit einer Winde hinaufgezogen zu werden, wie es früher üblich war. Was wir uns fragen, ist natürlich: „Wie ist das alles entstanden?“ Irgendjemand muss ja zuerst einmal ohne Seilwinde hinaufgekommen sein. Und selbst mit solch einfachem Gerät kann man sich immer noch nicht wirklich vorstellen, wie die ganzen Baumaterialien hinauf kamen. Das müssen Menschen mit grossen Visionen, starkem Willen und unendlicher Geduld gewesen sein.

Als nächstes nehmen wir uns das Kloster Agia Triada vor. Mittlerweile das berühmteste der Klöster, da hier für den James Bond Film „In tödlicher Mission“ gedreht wurde. Müssen wir uns dann zu Hause wohl nochmals anschauen. Von weitem sieht es tatsächlich so aus, als müsse man den Fels hinaufklettern. Doch auch hier geht zuerst ein Weg hinunter und dann eine Art Wendeltreppe im Felsen hinauf. Von oben sieht man fast alle anderen Klöster und schaut nun auf Kalambaka am Fusse der Felsen hinunter. 

Das einzige, das wir noch nicht sehen konnten, da es weiter östlich liegt, ist das Kloster Agios Stefanos. Es hat zwar trotz Montag Ruhetag heute geöffnet; doch wir kommen gerade zur Nachmittagspause. Da hat Harry für morgen noch etwas zu entdecken. 

Und auch das Kloster Roussanou schauen wir uns nur im Vorbeifahren an. Irgendwann ist genug mit Treppensteigen und all die wundervollen Eindrücke wollen für heute auch erst einmal wieder verarbeitet werden.

Tag 80 – 06.06.2023

Bei unser Rückkehr gestern Abend habe ich zufällig bemerkt, dass der hintere Kotlappen links, nicht mehr richtig fest ist. So musste ich mich heute Morgen erst einmal um dieses Problemchen kümmern. Ich denke das Provisorium wird bis nach Hause halten. Das war auf der ganzen Fahrt bis hierher das einzige Malheur das wir mit den Landi hatten, nicht einmal Öl hat er gebraucht. Leider habe ich mit der Mini-Reparatur den Sonnenaufgang in den Meteorabergen verpasst – schade.

Gegen Mittag starte ich dann zum Kloster Agios Stefanos. Es ist das älteste Meteora Kloster und liegt am weitesten östlich. Auf der Fahrt dahin fällt mir auf, dass viel weniger PKW’s unterwegs sind als gestern. Dafür sind es viel mehr Busse die an der Strasse vor dem Kloster geparkt sind. Von aussen sieht Agios Stefanos richtig gross aus und von innen wirkt es sehr klein. Scharen von Bussreisenden tummeln sich darin und der Zugang zur Kirche ist regelrecht ein Spießrutenlauf.

Zurück auf der Strasse mache ich viele Stopps um die Besonderheit des „Steinwaldes“auf Fotos festzuhalten.

Zu guter Letzt, mache ich noch den geplanten Halt am Kloster Roussanou. Vom Parkplatz geht es noch einmal viele Treppen hoch, alles schön im Schatten, was für ein Segen. Oben angekommen wieder eine neue und tolle Perspektive über die Meteorafelsen. Im Kloster Roussannou leben 16 Nonnen, was man kaum glauben kann, weil alles so klein und eng ist. In den wunderbar gepflegten Garten kann man nur von oben schauen, der Zugang ist verboten genauso wie Fotografieren in der Kirche. Zum Glück habe ich immer wieder meine „Foto-Verbots-Filter“ eingeschaltet und übersehe leider damit die Schilder.

Tag 81 – 07.06.2023

Wir verlassen eine der schönsten und eindrücklichsten Landschaften weltweit und fahren nordwestlich noch einmal ins Pindosgebirge. Bevor wir da ankommen müssen wir für ein paar Kilometer Autobahn fahren und durchqueren dabei 5 direkt hintereinander liegende Tunnel mit einer Gesamtlänge von 12 km. Doch dann steigen wir hoch und können schon bald runter ins Tal schauen und sehen einen grossen Teil unseres Weges den wir heute morgen zurückgelegt haben.

Am Rand des Pindosgebirges liegen weit verstreut 46 Zagora Dörfer. Sie sind bekannt für ihre Steinhäuser deren Dächer auch grösstenteils mit Steinplatten bedeckt sind. Allesamt sind in die bewaldeten Hänge gebaut und in den meisten Dörfern gibt es kaum Strassen, dafür aber viele Fusswege und immer geht es steil bergauf oder bergab. Die wenigen Menschen die hier noch leben, weil es ihre Heimat ist oder weil sie Ruhe suchen, müssen topfit sein. Für alte oder gebrechliche Menschen ist das Leben hier schwierig.

Das Pindosgebirge ist wasserreich. Überalls stösst man auf alte kunstvolle Steinbrücken in allen Grössen. Wir haben daher den Tag für uns zum Steinbrücken-Sammeltag erklärt.

Das dritte Zagora-Dorf das wir besuchen ist Kipi. Hier steigen wir hoch durch die schmalen Gässchen auf steinigen Wegen bis hinauf zur Kirche. Viele der Häuser scheinen verlassen oder sind zumindest jetzt nicht bewohnt. Der Mix aus Ruinen, baufälligen Häusern und schmuck herausgeputzten „Villen“ ist spannend. Es sind nur noch wenige Kilometer nach Monodendri, wo wir die kommenden drei Nächte bleiben werden. Auf der Fahrt dahin liegen die beiden Dörfer Koukóuli und Dilofo die wir uns später anschauen wollen.

Tag 82 – 08.06.2023

Wir holen heute noch die Stationen nach, die wir am Ende unserer gestrigen Route ausgelassen haben. Als erstes steuern wir das Dörfchen Koukouli an. Auch hier sind die steingepflasterten Strassen eng und steil. Auch hier scheinen nur noch wenige Menschen zu leben und auch hier ist es ruhig und friedlich. Im Café unter der grossen Platane geniessen wir diese Stimmung bei einem griechischen Bergtee – Tee natürlich nur für eine von uns beiden. 

 Auf der Weiterfahrt nach Vradeto sind wir hingerissen von der Landschaft. Es sieht aus wie bei uns den Alpen; und unsere Berge gefallen uns ja auch immer wieder. Diese Seite Griechenlands kennen wahrscheinlich nicht so viele; da die meisten wegen der schönen Strände kommen. Hinter Vradeto machen wir eine kurze Wanderung zum Beloi Aussichtspunkt durch Blumenwiesen, Schmetterlinge und Vogelgezwitscher. 

Und dann haben wir einen herrlichen Blick in die Vikos Schlucht. Habe ich jetzt den Grand Canyon von Griechenland getauft. Es soll die tiefste Schlucht der Welt sein: 10 Kilometer lang und 600 – 1000 m steil abfallende Felswände.

Auf der Rückfahrt sehen wir dann wie die Menschen von Ort zu Ort kamen, bevor es Strassen gab. Die Treppe von Vradeto sind Stufen, die im Zickzack fast senkrecht runter gehen. Erst in den 70-er Jahren hat der kleine abgelegene Ort eine Strasse bekommen.

Nächster Stopp ist die Captain Bär Brücke; wurde kurzerhand umgetauft in Captain Bärchen Brücke, da sie im Vergleich zu all den anderen imposanten Bogenbrücken nicht mithalten kann. Auch wenn wir nicht alle 46 Zagori Dörfer schaffen werden, Dilofo schauen wir uns dann auch noch an. Bei einer Erfrischung und einem leckeren Stück Walnusskuchen geniessen wir den Blick über die Steinhäuser Dilofos mit den typischen Steindächern und weiter auf die Gipfel des Tymfi Gebirges.

Zum Abendessen gehen wir eine Viertelstunde zum Restaurant „sta riza“ etwas ausserhalb von Monodendri. Bei sehr gutem Essen und bestem Ausblick beobachten wir, wie die Regenwolken vorbei ziehen und die Sonne ein schönes Abendleuchten über Schlucht, Wälder und Berge zaubert.

Tag 83 – 09.06.2023

Hier in Monodendri sind wir seit langem mal wieder in einem Hotel; Mount Grace. Auch Ferienwohnungen haben ihre Vorteile, doch jetzt geniessen wir tatsächlich den Hotel Komfort. Hinzu kommt, dass es sehr geschmackvoll eingerichtet ist. Am Morgen wird jeweils ein vielfältiges Frühstück serviert und Abends haben wir uns in der gemütlichen Lounge jeweils einen Ouzo genehmigt. Nach dem Frühstück geht es quer durch den kleinen Ort zum Mini-Kloster Agia Paraskevi. Den Mönch, der hier alleine leben soll und ein Meister der Ikonenmalerei ist, sehen wir nicht. Doch mittlerweile unterrichtet er an der Kunstschule in Ioannina und daher gibt es für Touristen jede Menge Ikonen zu kaufen. Doch das Highlight ist der „Balkon der Vikos Schlucht“; wieder einmal ein wunderbarer Ausblick in die beeindruckende Schlucht. 

Weiter geht‘s danach mit dem Auto ins Nachbardorf Vitsa. Da sind wir nun schon ein paar mal durchgefahren; das schauen wir uns nun auch noch genauer an. Vitsa ist nett, die Dörfer ähneln einander doch sehr. Trotzdem hat jedes Dorf seinen Charme.

In entgegengesetzter Richtung, auch sehr nahe bei Monodendri gehen wir in einem „Steinernen Wald“ spazieren. Hier können wir die speziellen Gesteinsformationen der Gegend, ganz aus der Nähe betrachten. Beim Anblick dieser fein geschichteten Steinplatten fragt man sich einerseits, wie das entstanden ist und hat andererseits die Antwort dafür, warum hier Steinplatten und nicht Ziegel auf den Dächern liegen.

Wir fahren noch ein Stück weiter und geniessen den herrlichen Weitblick ins Tymfi Gebirge. Die Strasse endet beim Oxya Aussichtspunkt am Rande der Vikos Schlucht, die an dieser Stelle 800 Meter tief ist. Wir stehen nun gegenüber unseres gestrigen Beloi Aussichtspunkts und sind wieder hin und weg von dieser majestätischen Landschaft. Zurück in Monodendri packen wir unser Tavli unter den Arm und verbringen den Rest des Nachmittags mit Backgammon-Spielen in einem netten Café.

Tag 84 – 10.06.2023

Wieder einmal ist Packen angesagt. Wir verlassen die grossartige Unterkunft in Monodendri. Wir machen Halt in Ano Pedina, einem weiteren typischen Zagori Dorf. 

Und dann geht’s nach Vikos. Der kleine Ort liegt am Ende der Vikos Schlucht. Von hier aus haben wir einen weiteren herrlichen Ausblick in die Vikos Schlucht und auf den imposanten Astraka Fels. Für Wanderungen in der Vikos Schlucht ist das der Start- oder Endpunkt.

Nachdem wir nun von allen Seiten von oben in die Schlucht hinein geschaut haben, wollen wir auch noch wissen, wie der Blick von unten nach oben ist. Wir schnüren also die Wanderschuhe und gehen voll konzentriert den anspruchsvollen steilen Wanderweg auf den Schluchtboden hinunter, 270 Höhenmeter auf 1,5 Kilometer. 

In der Nähe von 2 Quellen gibt es eine kleine Marienkapelle, deren weisse Mauern einem schon von weit oben entgegen leuchten. Hier geniessen wir – wie so viele andere Wanderer – die Natur. Leuchtend blaues Wasser vor Felsen und frischgrünen Bäumen – herrlich.

Nun steht uns der beschwerliche Aufstieg bevor. Die Sonne steht schon etwas tiefer, so können wir einen guten Teil im Schatten aufsteigen. Eine gute Stunde später haben wir das auch geschafft. An unserer Unterkunft erfahren wir, dass wir die „Honeymoon-Suite“ gebucht haben, wir würden dazu eher Adlerhorst sagen. Dem hilfsbereiten Personal sei Dank, müssen wir nur uns selbst über die mehr als hundert Stufen hoch schleppen, das Gepäck wir uns hoch gebracht.

Tag 85 – 11.06.2023

Kurz hinter Aristi gibt es schon den ersten Halt an einer schmalen Brücke. Wo und wie auch immer der Voidomatis aus der Schlucht herauskommt, hier macht er jedenfalls einen Bogen und wir können nochmals das herrlich blaue Wasser des saubersten europäischen Flusses bewundern.

Weiter geht es ein Prachtstück der griechischen Strassenbaukunst, die Kurven von Papingo, hinauf. Der Blick auf die Astraka Felsen, die wir gestern schon von Vikos aus gesehen haben, ist beeindruckend. In Megalo Papingo, was allerdings auch nur ein kleines Dörfchen ist, finden wir das nette Kafeneio Koukounari trinken etwas und kaufen gute Bergkräuter Tees und anderes. Auch das Örtchen selbst ist ganz fotogen, wie man auf den Bildern sieht.

Und es geht noch weiter den Berg hoch nach Mikro Papingo, das sozusagen in der Sackgasse vor den majestätischen Astraka Felsen liegt. Wenn das andere Papingo schon ein Dörfchen war, dann ist das hier ein Mini-Dörfchen. Der Rundgang ist jedenfalls schnell gemacht und dann landen wir im Café Pinocchio. Hier sitzt man quasi in der ersten Reihe, um die majestätische Landschaft auf sich wirken zu lassen. Auch der ideale Ort für ein Telefonat mit den Lieben zu Hause.

Beim Runterfahren halten wir bei den Rogovo Rockpools an. Sind kleine Felsbecken, durch die der Bach fliesst. Wir entscheiden uns gegen Baden, ganz so super ist das Wetter heute doch nicht. Beim Überqueren springt Harry über die Steine, ich wähle die sichere Variante und gehe barfuss hinüber. Jetzt waren wenigstens noch meine Füsse Baden. Wir haben die Rechnung ohne den Wettergott gemacht: Denn ruckzuck war ein Gewitter inklusive Platzregen da und wir sind ziemlich nass zu unserem wartenden Landi zurück gekommen. Die weitere Rückfahrt hat uns dann mit dunklen Wolken und Regen nochmals ein ganz anderes Bild von der Landschaft geliefert.

Tag 86 – 12.06.2023

Als wir die vielen Treppen von unserem „Adlerhorst“ zum Frühstuck hinunter gehen, liegt ganz Aristi noch im Dunst des Gewitters vom Vorabend. Die ersten Gepäckstücke haben wir  bereits dabei, so können wir uns wenigstens einen Aufstieg sparen. Letztendlich verlassen wir Aristi bei bestem Wetter und fahren südlich in Richtung Patras wo sich für mich der Griechenland-Kreis schliessen wird.

Bei der Ausfahrt Arta verlassen wir die Autobahn um bei der alten Brücke von Arta einen Trink- und Fotostopp einzulegen. Wir setzen uns in ein nettes Café mit Blick auf den Fluss Arachthos. Noch einmal studieren wir die Karte und beschliessen noch einen Umweg um den Ambrakischen Golf zu fahren, da wir eh genug Zeit übrig haben, die Fähre fährt erst 01:30 Uhr.

Am Ende macht der Umweg zeitlich wenig aus, da für die Landi-Durchschnittsgeschwindigkeit Autobahn oder gute Hauptstrasse beinahe keinen Unterschied machen. Dafür bekommen wir noch mehr von der schönen Landschaft mit und bestaunen die Überreste von Nikropolis, die noch erheblich umfangreicher und besser erhalten sind als erwartet. Bei Preveza fahren wir in einen Tunnel, der die beiden Landzungen zwischen Preveza und dem Flughafen verbindet.

Patras erreichen wir rechtzeitig, sodass wir ausreichend Zeit haben für Einkäufe, Tanken und Abendessen im netten Restaurant „Skarabäus“ in Meeresnähe aber ohne Sicht. Danach machen wir uns auf den Weg zum Hafen, besorgen uns die Tickets für die Überfahrt nach Ancona, bekommen die Auskunft: Check in 21:30 Uhr, worüber wir uns freuen. Tatsächlich entern wir das Schiff 00:30 Uhr – die sind ja nur 3 Stunden Verspätung, nach all den anderen Verspätungen und Umwegen die uns ANEK Superfast schon im Vorfeld beschert hat. 

Tag 87 – 13.06.2023

Im Unterschied zu den drei letzten Fährfahrten, war diese Nacht absolut ruhig. Keine Schulklassen die lärmend auf den Gängen balgen, kein Geschrei und keine Kämpfe zwischen pubertierenden Jungs. Der Rest ist wie immer: Kein vernünftiges Essen, Getränkeauswahl sehr eingeschränkt und alles ein bisschen schmuddelig. Die Zeit geht sehr langsam vorüber, nicht einmal das Meer bringt Abwechslung. Alexandra arbeitet und ich beschäftige mich mit Reisebericht schreiben, Lesen und unsere Reiseerlebnisse revue passieren lassen. Wir glauben nicht, dass wir wie vorausgesagt 20:30 Uhr in Ancona ankommen. Aber immerhin, wir werden ankommen und leider noch einmal etwas später in unserem Appartement in San Marino einchecken. Ich sage das darum, weil es andere Reisende übler getroffen hat: Die gebuchte Fähre ist gar nicht erst gefahren, Alternativen gab es erstmal nicht, weil alle anderen Schiffe ausgebucht waren – die Leute waren dann sozusagen gestrandet – und haben auch keinen gefunden der ihnen weiterhilft. Verantwortlich sind immer die Anderen. 

Tag 88 – 14.06.2023

Unsere Wetter-Apps taugen nichts. Nach dem Aufstehen schauen wir daher immer aus dem Fenster hoch zum Himmel und beurteilen die Lage. Als erstes fällt mir die Polizei auf, die auf dem Platz unterhalb unserer Fenster steht und Bilder macht. Ich denke mir nichts dabei und gehe duschen. Danach steht die Polizei immer noch unten und zwischendurch ein wahnsinniges Geknatter und unvorstellbarer Motorenlärm. Nun muss ich doch mal genauer hinschauen. Und siehe da, unter unserem Fenster fahren die Oldtimer in der zweiten Etappe der 1000 Miglia durch San Marino – kaum zu glauben! Nun pressiert’s. Wir müssen unbedingt runter und das Geschehen auf Fotos festhalten. An der Strasse stellen sich einem manchmal die Haare auf wegen der lauten Motoren. Im Nu habe ich mehr als 500 Bilder geschossen. Insgesamt nehmen 420 Oldtimer an der 1000 Miglia teil. Wir könnten also noch Stunden hier stehen und zuschauen. Aber jetzt gehen wir frühstücken und planen dann unseren Rundgang durch San Marino – nicht in Ruhe; denn das Knattern, Brummen und Röhren geht weiter.

Alte Autos in einem alten Land; das passt doch bestens. Denn gemäss Wikipedia ist San Marino vermutlich die älteste bestehende Republik der Welt mit einer Geschichte, die der Überlieferung nach bis auf das Jahr 301 mit der Gründung durch den heiligen Marinus zurückgeht. San Marino ist einer der sechs europäischen Zwergstaaten und sowohl mit einer Bevölkerung von rund 30.000 Einwohnern als auch mit einer Fläche von rund 60 km² der jeweils fünftkleinste international anerkannte Staat der Welt. Hier zahlt man mit Euro, obwohl San Marino nicht in der EU ist. Ausserdem zählt das Land gemessen am BIP pro Kopf zu den reichsten der Welt und hat keine Staatsschulden. Auf unserem Stadtrundgang steuern wir zuerst eine der 3 Festungen, die auf den 3 Gipfeln des Monte Titano angelegt wurden, an. Treppensteigen sind wir ja mittlerweile gewohnt und bei dem Ausblick lohnt es sich allemal. Wir haben einen Rundum-Blick von den Bergen im Westen bis hin zum Meer nach Rimini; leider auch auf eine schwarz-graue Wolkenwand, die nichts Gutes verspricht.

Um nicht bei einer der beiden anderen Festungen vom Regen erwischt zu werden, orientieren wir uns wieder Richtung Stadt. Durch kleine Gässchen, die von Schmuck-, Leder und Modegeschäften wimmeln, gehen wir zur Basilica San Marino; Marinus ist der Schutzheilige des Staats. Wir entdecken schöne Skulpturen in einem kleine Park und die Cava del Balestrieri, Felsgrube der Armbrustschützen. Entstanden ist die Felsgrube Ende des 19. Jahrhunderts, da Steinquader für den Palazzo Pubblico gebraucht wurden. Der Palazzo beherbergt fast die gesamte Regierung für Stadt und Staat. Die Felsgrube wird heute für diverse open-air Veranstaltungen genutzt. Doch wie der Name bereits sagt, trainieren hier auch die Armbrustschützen des Staates. Waffen scheinen ein spezielles Thema für die San Marinesen zu sein: Wir haben noch die so viele Waffengeschäfte auf einmal gesehen. Vom kleinsten Messer über Pistolen bis hin zum grössten Gewehr kann man hier alles kaufen. Dabei war und ist den San Marinesen ihre Neutralität doch so wichtig.

Als es anfängt zu regnen, flüchte wir in eine kleine Bar mit Wurst- und Käsespezialitäten. Bei einem guten Aperitiv, Delikatessen und netter Gesellschaft sitzen wir den Regen aus. Ein paar weitere Stadttore, Gassen und Kirchen schauen wir später noch an und flüchten vor der nächsten Regenwand in unsere zentral gelegene Unterkunft. Das wichtigste der kleinen Hauptstadt haben wir wohl gesehen. Den Palazzo Pubblico können wir uns auf dem Weg zum Abendessen ja noch aus der Nähe anschauen.

Tag 89 – 15.06.2023

Wir verlassen San Marino, bevor es überhaupt richtig aufgewacht ist. Erst um 09:00 bzw. 09:30 Uhr öffnen die Cafés und Geschäfte. So können wir mit relativ wenig Verkehr die kurvenreichen 749 Höhenmeter Richtung Rimini wieder hinunter fahren. Schön war’s! Nun liegen rund 350 Kilometer nach Rho in der Nähe von Mailand vor uns. Ausser Rastplatz-Stopps ist nichts geplant. Ein wenig Aufregung gibt es zwischendrin doch noch wegen einem Problem mit dem Differential, was sich bei starkem Lenkeinschlag zeigt. Zur Sicherheit suchen wir nach einer passenden Werkstatt, um abzuklären, was los ist. Mit der 4×4 Werkstatt „Black Sheep“ haben wir genau das Richtige gefunden. 2 passionierte junge Mechaniker schauen sich das Problem an. Gottseidank nur eine Kleinigkeit. Super Service: Professionell, unkompliziert und sympathisch. Unsere Unterkunft in Rho ist schnell erreicht. Tja was soll man sagen? Es ist mit grossem Abstand die schlechteste Unterkunft unserer gesamten Reise. Hätten wir eigentlich auch noch fotografieren müssen. Und Rho ist so unattraktiv wie die gesamte Agglomeration Mailand. Ins Zentrum wollen wir nicht fahren. Also suchen wir nach Attraktionen in der Nähe: Wir fahren die 5 Kilometer zum Alfa Romeo Museum. Doch 12 Euro pro Person sind uns die Autos dann doch nicht wert. Eine nahe gelegene alte Villa: Selber Preis, selbe Entscheidung. So ist unser Highlight hier schlussendlich ein frühes, gutes Abendessen.

Tag 90 – 16.06.2023

Gut geschlafen haben wir und stehen früh auf. Da uns hier nichts Reizvolles hält fahren wir bereits um 07:15 Uhr los. Ein Vorteil der Unterkunft: Wir freuen uns nun so richtig auf unser schönes Zuhause. Wir entscheiden uns für die San Bernadino Route und schauen den letzten 390 Reisekilometern entgegen. Chiasso erreichen wir mit relativ wenig Verkehr schnell. Nach 3 Monaten sind wir wieder in der Schweiz. Schade ist unser Reiseabenteuer vorbei und schön sind wir bald wieder zu Hause.